Libor-Affäre:80 Millionen Euro Bonus für Skandal-Banker

Deutsche Bank

Jürgen Fitschen und Anshu Jain, die Vorsitzenden der Deutschen Bank. 

(Foto: Bloomberg)

Christian Bittar ist nicht irgendwer, sondern in der Finanzbranche ein bekannter Mann. Das liegt auch daran, dass er offensichtlich an den Manipulationen des Zinssatzes Libor beteiligt war. Nun wird bekannt: Der Deutsche-Bank-Vorstand soll ihm für 2008 einen Bonus in Höhe von 80 Millionen Euro genehmigt haben.

Von Harald Freiberger, Frankfurt

Wer bietet mehr? Die Boni, die Investmentbanker auf dem Höhepunkt der Spekulationswelle verdient haben sollen, klettern in immer irrwitzigere Höhen. Am Mittwoch wurde eine neue Zahl bekannt: 80 Millionen Euro Bonus habe der Vorstand der Deutschen Bank seinem Londoner Händler Christian Bittar für das Jahr 2008 genehmigt, berichtet der Stern in seiner aktuellen Ausgabe. Er beruft sich auf einen "honorigen, durch und durch glaubwürdigen Banker", der Anfang 2009 an der entsprechenden Vorstandssitzung teilgenommen habe.

Bittar ist nicht irgendwer, sondern in der Finanzbranche ein bekannter Mann. Das liegt daran, dass er im Dezember 2011 seinen Job verlor. Die Deutsche Bank entließ ihn und einen anderen Händler, weil interne Ermittlungen ergeben hatten, dass sie offensichtlich an den Manipulationen des Zinssatzes Libor beteiligt waren. Es handelt sich um einen der größten Skandale, die es in der Finanzwelt je gab. Großbanken wie die Schweizer UBS sowie die britischen Barclays und RBS mussten deswegen in den vergangenen Wochen schon Strafen von zusammen rund zwei Milliarden Euro zahlen.

Bisher war bekannt, dass die Deutsche Bank nach den internen Untersuchungen noch nicht ausgezahlte Boni von Bittar in Höhe von 40 Millionen Euro einbehalten habe. So heißt es in Finanzkreisen. Die Zahl von 80 Millionen Euro allein für das Jahr 2008 würde bedeuten, dass er mindestens einen so großen Teil ausgezahlt bekam, den die Bank (vorerst) nicht zurückholen kann. Das Institut wollte zu der Zahl keine Stellung nehmen. Ein Sprecher bestätigte nur: "Nachdem die Bank festgestellt hat, dass sich eine bestimmte Zahl von Mitarbeitern unangemessen verhalten hatte, hat sie diese Mitarbeiter suspendiert oder entlassen und verfallbare Vergütungskomponenten einbehalten." Zusätzlich zu den beiden Londoner Händlern, die schon Ende 2011 gehen mussten, wurden in der vergangenen Woche auch fünf Mitarbeiter in Frankfurt entlassen, die mit der Feststellung von Zinssätzen zu tun hatten.

Wie kann ein Händler auf eine Bonussumme von 80 Millionen Euro kommen?

Wie kann ein einziger Händler auf eine Bonussumme von 80 Millionen Euro kommen? Offensichtlich lag es daran, dass Boni in den Jahren vor der Finanzkrise noch prozentual daran gekoppelt waren, wie viel Gewinn Investmentbanker ihrer Bank einbrachten. Und Bittar, der im Eigenhandel mit Zinsen spekulierte, war im Jahr 2008 einer der erfolgreichsten. Er soll seinem Arbeitgeber mit seinen Geschäften Einnahmen von 500 Millionen Euro beschert haben, wohlgemerkt in dem Jahr, in dem Lehman Brothers Pleite ging und die Deutsche Bank im Investmentbanking mehr als sieben Milliarden Euro Verlust machte. Bittar soll den richtigen Riecher gehabt haben, wie sich die kurzfristigen Zinsen im Verhältnis zu den langfristigen entwickeln.

Die entscheidende Frage ist nun, ob der Star-Händler auch deshalb so hohe Gewinne machen konnte, weil er den Libor-Zinssatz manipulierte. Nach früheren Angaben der Deutschen Bank war das nicht der Fall. Die internen Untersuchungen, die unter anderem seine E-Mails auswerteten, stellten Hinweise auf Zins-Manipulationen nur für die Jahre 2005 und 2006 fest. Die Frage spielt auch eine Rolle dabei, ob sich die Bank bereits ausgezahlte Boni von ihrem früheren Mitarbeiter zurückholen kann. Das hängt vom Ergebnis der Ermittlungen der Aufsichtsbehörden in New York und London ab. Auch die deutsche Finanzaufsichtsbehörde Bafin untersucht den Fall, zudem gehen die internen Untersuchungen weiter.

Heute sollen so hohe Boni bei der Deutschen Bank jedenfalls nicht mehr möglich sein. Co-Chef Anshu Jain betonte auf der Jahresbilanz-Pressekonferenz Ende Januar, dass man die Praxis, die Jahresprämie von Mitarbeitern an den Spekulationsgewinn zu koppeln, schon vor Jahren eingestellt habe.

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