Leiharbeit:Wenn Unternehmer Nahles loben

Die Arbeitsministerin ändert ihren Gesetzesvorschlag zu Leiharbeit und Werkverträgen. Nun sind die Arbeitgeber zufrieden - anders der DGB: So werde Lohndumping nicht verhindert.

Von Detlef Esslinger

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) erhält Zustimmung von den Arbeitgebern und Kritik von Gewerkschaftern. Diese Konstellation gab es am Freitag zumindest öffentlich das erste Mal. Anlass ist, dass sie ihren Gesetzentwurf zu Leiharbeit und Werkverträgen überarbeitet hat; im Laufe des Donnerstags war er durchgesickert. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall erklärte, die Ministerin habe ihr Gesetz "deutlich nachgebessert". Hauptgeschäftsführer Oliver Zander äußerte die Hoffnung, "dass die gefundene Lösung von Gewerkschaften und Parteien dann dauerhaft akzeptiert wird". Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hingegen kritisierte, tariflose Betriebe sollten künftig in den Genuss von Tarifverträgen kommen. "Tarifflucht darf aber nicht honoriert werden", sagte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Um Leiharbeit und Werkverträge gibt es seit Jahren Streit. Die Gewerkschaften sagen, viele Firmen setzten diese Instrumente nicht ein, um flexibel zu bleiben, sondern um Tarifverträge zu umgehen und Arbeiter zu Dumping-Konditionen zu halten. Die Unternehmerverbände hingegen betonten stets das Argument der Flexibilität: Jede Firma müsse selbst entscheiden dürfen, welche Arbeiten sie selber erledige und welche sie an Dienstleister vergebe. Im November legte Ministerin Nahles einen ersten Gesetzentwurf vor - und empörte die Arbeitgeber damit geradezu. Vor allem fühlten sie sich durch einen Katalog aus acht Kriterien bedroht, mit dem Nahles zulässige von unzulässigen Werkverträgen unterscheiden wollte. Ein Kriterium war, ob jemand "die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt". Damit wären zum Beispiel Reparaturarbeiten vor Ort in Frage gestellt worden. Diesen Katalog hat sie nun gestrichen. Sie will nur noch das Betriebsverfassungsgesetz um Passagen ergänzen, die das Informationsrecht der Betriebsräte präzisieren. Sie haben künftig Anspruch auf Auskunft über Dauer, Einsatzort und Aufgaben von Leiharbeitern und Werkvertraglern; dies stand aber bereits in dem Entwurf vom November.

Arbeitgeber nennen den Gesetzesentwurf "ausbalanciert und wirkungsfähig"

Bei der Leiharbeit hatte Nahles ursprünglich geplant, dass nur noch tarifgebundene Firmen diese Arbeitnehmer länger als 18 Monate einsetzen dürfen. Nun aber ist doch wieder ein Einsatz von 24 Monaten möglich, auch in tariflosen Unternehmen. Sie müssen sich dazu aber mit dem Betriebsrat auf eine Betriebsvereinbarung einigen - darauf bezieht sich die DGB-Kritik, der neue Entwurf honoriere Tarifflucht auch noch. Außerdem hatte Nahles gleiche Bezahlung von Leih- und Stammpersonal nach neuen Monaten vorschreiben wollen; es sei denn, es gebe einen Tarifvertrag, der stufenweise das Gehalt der Leiharbeiter anhebt. In dem Fall wollte sie eine Zwölf-Monats-Frist gewähren. Jetzt beträgt sie 15 Monate.

Während der Dachverband DGB also kaum Gutes in dem neuen Entwurf erkannte, sehen seine Industriegewerkschaften ihn offenbar nicht ganz so kritisch. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte zwar, bei den Werkverträgen bleibe Nahles "weit hinter den Notwendigkeiten zurück", um Lohndumping zu verhindern. Insgesamt begrüßte er jedoch, dass nun "unsere tariflichen Regelungen mit Anpassungen fortgeführt werden können". Die IG Bergbau-Chemie-Energie (IG BCE) gab sogar eine gemeinsame Erklärung mit dem Bundesarbeitgeberverband Chemie heraus. Darin nannten beide Organisationen den Entwurf "ausbalanciert und wirkungsfähig".

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