Lebensmittelwerbung:Hausgemachter Schwindel

Bei Schokolade auf Anteil an Kakaobutter achten

Hausgemacht schmeckt's am besten? Lohnt sich aber nicht!

(Foto: dpa-tmn)

In den meisten Lebensmittelfabriken arbeiten computergesteuerte Maschinen, in der Fernsehwerbung wird trotzdem ständig gerührt, gehackt und liebevoll gelächelt. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat ausgerechnet, wie profitabel hausgemachte Schokowaffeln und Fertigpizza überhaupt wären.

Von Angelika Slavik

Da steht sie also, diese beschwingte, dunkelhaarige Schönheit: hantiert fast schon künstlerisch mit dem Rührlöffel, lässt gehackte Nüsse in eine Schüssel voller Schokoladencreme gleiten und drückt am Ende noch liebevoll mit zwei Fingern die Waffel fest. "Und weil wir das seit 50 Jahren so machen, können wir das auch richtig gut", flötet eine Stimme aus dem Off. Das klingt nach alter Handwerkstradition, nach Familienbetrieb vielleicht - aber die Szene stammt aus einem Werbespot für Hanuta: eine industriell gefertigte Waffel aus dem Haus des Süßwarenkonzerns Ferrero.

Diese romantische Verklärung von Herstellungsprozessen ist beliebt in der Werbung, ständig wird gerührt, gehackt und liebevoll gelächelt, wo in der Realität ein computergesteuertes, metallenes Monster am Werk ist. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat jetzt die Bilder aus den Werbespots genau analysiert und ausgerechnet, was es bedeuten würde, wären Schokowaffeln, Erdnuss-Snacks, Brotaufstrich und Fertigpizza tatsächlich so handgemacht, wie es in den Kampagnen suggeriert wird.

Im Fall von Hanuta etwa würde das bedeuten, dass eine lächelnde Schönheit, wenn sie selbst rührt, hackt, Waffeln bäckt und zusammendrückt, etwa 130 Hanuta-Schnitten pro Tag produzieren könnte. Ein Mitarbeiter könnte so mit 18,20 Euro täglich oder 5004 Euro im Jahr zum Umsatz beitragen. Keine guten Aussichten für den Sieben-Milliarden-Konzern Ferrero.

Ähnlich fällt die Rechnung beim Landliebe Sahnepudding aus: Im Spot stellt Mutti, liebevoll lächelnd natürlich, in der Familienküche Pudding für Kinder und Ehemann her - 480 Portionen könnte sie nach Rechnung der Hamburger Verbraucherschützer schaffen, wenn sie den ganzen Tag über nichts anderes macht. Mit 360 Euro Umsatzbeitrag am Tag steht die Landliebe-Mutter zwar deutlich besser da als die Hanuta-Schönheit, zu gut zehn Milliarden Euro Jahresumsatz käme der Landliebe-Hersteller Friesland-Campina mit dieser Methode aber auch nicht.

In Sachen Effizienz ebenfalls nicht konzerntauglich: die handgemachte Herstellung von Almette Frischkäse (14 Fässchen pro Tag und Person bringen überschaubare 15 Euro Umsatz), von Dr. Oetker-Fertigpizza (17 Stück am Tag, 44 Euro Umsatz), von Hanuta-Konkurrent Knoppers (56 Stück am Tag, 10,64 Euro Umsatz) und von Schokolade mit Mousse-Füllung aus dem Haus Lindt & Sprüngli (20 Tafeln und 39,80 Euro Umsatz täglich).

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