Lebenslagen:Reich bleibt reich

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Männlich und älter: Wer die Top-Vermögenden sind.

(Foto: Daniel Karmann, dpa)
  • Im neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung wird erstmals auch der Aspekt des Reichtums genauer beleuchtet.
  • "Dieser Aspekt fiel viel zu lang unter den Tisch", kritisiert Arbeitsministerin Nahles.
  • Die erste Fassung des Berichts, die der SZ vorliegt, zeigt, dass der Anteil der als reich geltenden Menschen stabil bleibt - und beleuchtet, wie viel Steuern die Reichen zahlen.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Der Anteil der Menschen, die auf Grund ihres Einkommens als reich gelten, ist in Deutschland in den vergangenen Jahren stabil geblieben. Dies geht aus der ersten Fassung des neuen Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Danach liegt der Anteil derjenigen, deren Einkünfte allein aus Vermögen die Schwelle von 5000 Euro im Jahr überschreitet seit 1995 "recht stabil bei gut sieben Prozent". Menschen, die aus Westdeutschland kommen, mietfrei wohnen oder eine Immobilie haben, gehörten überdurchschnittlich oft zu dieser Gruppe der Vermögenden.

In dem Bericht mit dem Titel "Lebenslagen in Deutschland", den das Bundesarbeitsministerium zum fünften Mal vorgelegt und nun an andere Ressorts zur weiteren Abstimmung weitergeleitet hat, wird erstmals der Reichtum in Deutschland näher beleuchtet.

"Dieser Aspekt fiel viel zu lang unter den Tisch. Es kann aber nicht sein, dass wir über diejenigen, die wenig haben, fast alles wissen und über diejenigen, die viel haben, fast nichts", sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Deshalb müsse die Bundesregierung hier "Licht ins Dunkel bringen".

Mehr Einkommensmillionäre

Dem Bericht zufolge haben 2,5 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ein individuelles Vermögen von mehr als 500 000 Euro. Die Zahl bezieht sich allerdings auf 2012, aktuellere Statistiken liegen nicht vor. Die Anzahl der Steuerpflichtigen, die mit dem Höchstsatz von 45 Prozent besteuert werden und somit die Reichensteuer bezahlen, wird mit mehr als 70 000 angegeben. Ihr Anteil an allen Steuerpflichtigen liegt bei 0,26 Prozent.

Diese Spitzenverdiener zahlten aber fast ein Achtel der gesamten Einkommensteuer und trügen damit "im Verhältnis zu ihrer Anzahl und ihren Einkünften stark überdurchschnittlich zum Steueraufkommen bei", heißt es in dem mehr als 600 Seiten starken Bericht.

Die Anzahl der Steuerpflichtigen, die dem Finanzamt Einkünfte von mehr als einer Million Euro angeben, hat sich stark erhöht. 2011 traf dies auf mehr als 16 000 Steuerzahler zu. 2002 waren es gut 9000.

Erstmals 130 Hochvermögende befragt

Für den Regierungsbericht wurden erstmals 130 Hochvermögende mit einem frei verfügbaren Geldvermögen von mindestens einer Million Euro befragt. 75 Prozent der Befragten waren männlich und mindestens 50 Jahre alt. Mehr als die Hälfte verfügt über einen akademischen Abschluss. In der Bevölkerung liegt diese Quote bei 16 Prozent.

"Auffallend ist auch, dass fast ein Fünftel der Hochvermögenden als höchsten beruflichen Abschluss einen Meister-, Techniker- oder gleichwertigen beruflichen Abschluss haben", schreiben die Autoren des Berichts. 42 Prozent gaben an, Unternehmer zu sein.

Das Gesamtvermögen dieser 130 Haushalte belief sich im Mittel auf 5,3 Millionen Euro. Vier von fünf haben von Erbschaften oder Schenkungen profitiert, mit einer Gesamtsumme von im Durchschnitt drei Millionen Euro.

"Ausgesprochene Spendenkultur lässt sich nicht erkennen"

Bei dem Forschungsprojekt der Universität Potsdam in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wurden die 130 Vermögenden auch gefragt, ob sie bereit wären, mehr Steuern zu zahlen. 99 Prozent erklärten, sie würden bereits genug für Staat und Gesellschaft zahlen.

Zwei Drittel teilten mit, sie würden lieber spenden als höhere Steuern zu berappen. Tatsächlich haben sie nach eigenen Angaben im Durchschnitt jedoch nur 5000 Euro im Jahr gespendet. In der Bericht wird dazu angemerkt: Dieser Betrag sei zwar deutlich höher als beim Durchschnitt der Bevölkerung, der bei 147 Euro liegt. "Eine ausgesprochene Spendenkultur lässt sich aber nicht erkennen."

Noch offen ist, welche politischen Schlussfolgerungen die Bundesregierung aus dem Bericht zieht, der 2017 fertiggestellt und im Frühjahr vom Kabinett beschlossen werden soll. Nahles hatte in einem Interview mit dem Spiegel von einer "Oligarchie der Reichen" gesprochen. Wer reich geboren werde, "wird ziemlich sicher noch reicher sterben.

Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit extrem gering, dass Kinder, deren Eltern arbeitslos sind und einen niedrigen Bildungsstand haben, einen Aufstieg schaffen", sagte Nahles. Dies dürfe aber nicht so bleiben, sonst entwickele sich "ganz oben und ganz unten eine neue Kastengesellschaft".

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