Lanxess-Chef Axel Heitmann:Wenn der Boss Kasse macht

Deutschlands Manager bleiben in der Krise cool. Einer nicht. Lanxess-Chef Axel Heitmann gibt Rätsel auf und verkauft Aktien seines Chemiekonzerns für zehn Millionen Euro. Kalkül oder Panik?

Sibylle Haas

Axel Heitmann wird bei Lanxess für sein zügiges Handeln geschätzt. Mit klaren Ansagen führt der 51-Jährige seit sieben Jahren den Spezialchemiekonzern. Das ist kein einfacher Job. Denn in Lanxess wurde all das zusammengeführt, was früher den Mutterkonzern Bayer belastete. Heitmann hat durchgegriffen, hart saniert und motiviert. Heute steht der inzwischen börsennotierte Lanxess-Konzern passabel da. Erst kürzlich, bei Vorlage der Geschäftszahlen für das erste halbe Jahr, konnte sich Heitmann über einen kräftigen Gewinnschub freuen und die Jahresprognose erhöhen.

Lanxess - Bilanz 2009

Vorstandsvorsitzender Axel Heitmann hat fast alle seine Lanxess-Aktien verkauft.

(Foto: dpa)

Jetzt hat der Lanxess-Chef mit einem Schlag nahezu alle Aktien verkauft, die er von Lanxess hatte. Auch in diesem Fall hat Heitmann nicht gezaudert, keine klein gestückelten Paketchen abgestoßen. Zügig gehandelt eben. Fast 254.000 Stück zum Preis von 38,95 Euro warf der Mann auf den Markt - Gesamterlös fast zehn Millionen Euro. Dabei hatte er in den vergangenen Jahren kräftig zugekauft, seit dem Börsengang 2005 orderte er 32 Mal, ist auf der Website von Lanxess nachzulesen. Kein anderer seiner Vorstandskollegen sammelte die Papiere so fleißig ein wie Heitmann selbst.

Den größten Batzen legte sich der Vorstandschef in den letzten zwei Monaten 2008 zu. Damals war der Aktienkurs niedrig, pendelte zwischen elf und knapp mehr als zwölf Euro. Heitmann schlug zu, erwarb fast 150.000 Stück. Am vorigen Donnerstag dann kam der Schock des Fast-Totalverkaufs. Am Abend wurde der Deal bekannt. Am nächsten Tag rauschte die Lanxess-Aktie in den Keller und zog auch andere Chemiewerte in ihrem Strudel mit. Nur 20.000 Aktien hat Heitmann laut Lanxess jetzt noch.

Warum der plötzliche Verkauf, der so derart überstürzt wirkt? Die Antwort bleibt Heitmann schuldig. Das ärgert Aktionärsschützer wie Carsten Heise von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Natürlich habe auch ein Vorstand eine Privatsphäre, könne daher machen, was er will. "Doch wenn ein Vorstand Aktienpakete in diesem Umfang verkauft, dann hat das verheerende Auswirkungen und das hätte ihm bewusst sein müssen", sagt Heise.

Rechtlich hat sich Heitmann korrekt verhalten. Aktienkäufe und Verkäufe von Vorständen sind nichts ungewöhnliches. Immer wieder kaufen und verkaufen Manager Aktien ihrer Unternehmen. Sie müssen die Deals nur nach dem Wertpapierhandelsgesetz rechtzeitig melden. Das hat Heitmann getan. Ungewöhnlich ist in seinem Fall jedoch der Umfang des Verkaufs. Auch andere Manager haben in der Vergangenheit Aktien verkauft, doch selten in dieser Höhe oder gestückelt in mehreren Tranchen.

Der nahezu Komplettverkauf des Heitmann-Pakets sende ein schlechtes Signal an die Aktionäre. "Zumindest" so meint Aktionärsschützer Heise, "hätte er die Gründe für den Aktienverkauf erläutern können. Dies hätte das negative Signal abgeschwächt".

Viele Käufe, wenige Verkäufe

Kein Wunder also, dass in den letzten Stunden sogar darüber spekuliert wurde, ob Heitmann das Vertrauen in das Unternehmen verloren habe. Sogar von seinem Weggang war zu hören. Und das, obwohl der Aufsichtsrat Heitmanns Vertrag erst am 10. August um fünf Jahre verlängert hatte. "Unter seiner Führung wurde Lanxess zu einer außergewöhnlichen Erfolgsstory", lobte ihn der Aufsichtsratsvorsitzende Rolf Stomberg damals. An den Gerüchten sei nichts dran, dementierte Lanxess nun. Gründe für den Aktiendeal wurden dennoch nicht genannt.

Heitmann habe mit viel persönlichem Einsatz bei Lanxess investiert und einen Großteil der Aktien mit einem Kredit seiner Hausbank gekauft, sagte ein Lanxess-Sprecher. Noch im Mai hatte er sogar noch für 60 Euro ein kleines Paket hinzugekauft. Zu Gerüchten, wonach ihn die Bank jetzt zum Verkauf gedrängt haben soll, wollte sich der Sprecher nicht äußern. Tatsächlich ist der Aktienkurs von Lanxess seit den Börsenturbulenzen auf Talfahrt. Derzeit pendelt die Lanxess-Aktie um die 40 Euro.

Derzeit lässt sich das Gros der Manager von den fallenden Kursen kaum beeindrucken. Bereits seit Wochen kaufen sie für ihre persönlichen Depots so viele Aktien der eigenen Unternehmen wie selten zuvor. Dem stehen nur wenige Verkäufe gegenüber. Aus der Auswertung der veröffentlichungspflichtigen Deals errechnet das Forschungsinstitut für Asset Management (FAM) regelmäßig das "Insider-Barometer", das derzeit von Woche zu Woche neue Spitzenwerte erreicht. Die Liste der kauflustigen Spitzenmanager der vergangenen Wochen ist lang. Sie kommen aus kleineren Unternehmen, aber auch aus Dax-Konzernen wie Linde, Lufthansa, BASF, Metro, Eon oder Merck. Lanxess laufe gegen den Trend, sagt Frankfurter Finanzwissenschaftler Olaf Stotz von dem FAM.

Allerdings könnten Verkäufe unterschiedlich motiviert sein. "Manager wollen nicht immer nur Kursverluste vermeiden. Vielleicht wollen Sie ihr Vermögen streuen. Oder sie folgen dem Rat ihrer Bank, nicht ihr ganzes Vermögen bei ihrem Arbeitgeber anzulegen. Wenn Vorstände große Aktienpakete verkaufen, brauchen Sie das Geld vielleicht für andere Projekte. Vielleicht soll eine Immobilie gekauft werden oder es stehen andere Anschaffungen an", erklärt Stotz.

Was Axel Heitmann mit dem Verkaufserlös macht, blieb am Montag sein Geheimnis. Es sei ein "rein privates Geschäft", ließ er mitteilen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: