Landwirtschaft:Die Milch macht Ärger

Gemeinsam mit Amtskollegen aus 15 EU-Staaten will Bundesagrarministerin Ilse Aigner den Bauern helfen - doch mit ihrem Anliegen ist sie in Brüssel gescheitert.

Daniela Kuhr

Wegen der dramatischen Lage vieler Milchbauern fordern 16 EU-Staaten eine langfristige Steuerung der Milchmärkte. In einem Appell an die Europäische Kommission sprachen sich die Agrarminister unter anderem Deutschlands, Frankreichs und Österreichs dafür aus, die Instrumente anzupassen oder neue einzuführen, um auf die wachsenden Preisschwankungen flexibler eingehen zu können. Am Montag trafen sich die Agrarminister der 27 EU-Mitgliedstaaten in Brüssel, um einen Ausweg aus der Krise am Milchmarkt zu suchen.

"Die wirtschaftliche Situation der Milchproduzenten ist beunruhigend", hieß es. "Um ein Verschwinden der Betriebe im großen Stil zu vermeiden, muss die Europäische Union neue starke und konkrete Maßnahmen ergreifen." Der beschlossene Ausstieg aus der Milchquote müsse mit kurzfristigen Maßnahmen sowie einer "neuen Regulierung auf Gemeinschaftsebene" begleitet werden.

Schrittweise Steigerung

Mit der Milchquote hatte Brüssel jahrelang den Bauern vorgeschrieben, wie viel sie höchstens produzieren dürfen. Seit einiger Zeit wird die Quote jedoch schrittweise gesteigert und soll im Jahr 2015 komplett wegfallen. Ein großer Teil der Milchbauern sieht darin die Hauptursache für den Verfall des Milchpreises.

Derzeit erhalten Landwirte in Europa durchschnittlich 24 Cent pro Liter. Das sind dreißig Prozent weniger als Ende 2007. In Deutschland bekommen sie zum Teil sogar nur 18 Cent. Nach Angaben der Milchbauern wäre ein Literpreis von 40Cent nötig, um kostendeckend produzieren zu können. Wegen der Absatzprobleme hat die EU-Kommission im Frühjahr damit begonnen, den Bauern wieder einen Teil der Überschussproduktion abzukaufen und den Export mit Beihilfen zu subventionieren.

Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) war am Montag mit ihrer Forderung nach einem Einfrieren der Quote zunächst auf Widerstand gestoßen. am Abend dann erklärte sie ihre Bemühungen um eine europäische Lösung zur Unterstützung der Milchbauern für gescheitert.

Der schwedische Landwirtschaftsminister Eskil Erlandsson, dessen Land derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, wandte sich gegen neue Regulierungen. "Ich glaube nicht, dass wir heute irgendwelche Entscheidungen fällen können", sagte Erlandsson. Auch die EU-Kommission und große Milchproduzenten wie die Niederlande sind gegen den Vorstoß. Aigner hatte gemeinsam mit Kollegen aus weiteren EU-Ländern gefordert, die Milchquote vorerst nicht weiter zu erhöhen. Die EU-Kommission und mehrere Mitgliedstaaten halten jedoch bislang am Auslaufen der Milchquote und der Liberalisierung des Milchmarkts fest. "Ich bin für einen freien Milchmarkt", sagte die niederländische Landwirtschaftsministerin Gerda Verburg. Die Niederlande zählen zu den großen Milcherzeugern in Europa. Auch EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel wandte sich gegen ein Einfrieren der Quote. "Das führt uns nirgendwohin", sagte sie. Die Quoten würden bereits jetzt nicht ausgeschöpft.

Mehrere Erleichterungen beschlossen

Auf die massiven Proteste der Bauern hin hat die EU-Kommission bereits mehrere Erleichterungen beschlossen. Aigner kritisierte, sie reichten nicht aus. "Das Problem ist auf europäischer Ebene entstanden, deshalb wollen wir auch eine europäische Lösung." Neue Eingriffe seien nötig, da es zu "schweren Marktstörungen" gekommen sei und es um die Existenz vieler Milchbauern gehe.

Auch die Entwicklungsorganisation "Brot für die Welt" sieht die Erhöhung der Quote mit Besorgnis. "Es macht keinen Sinn, die Quote auszudehnen, wenn es dafür keinen Markt gibt", sagte die Ernährungsexpertin Carolin Callenius am Montag. Die niedrigen Weltmarktpreise bedrohten die Existenz kleiner Milchbauern in Entwicklungsländern.

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