Kunstversicherungen:Schätze über dem Sofa

Wohnung einer alten Dame Copyright JOKER GudrunxPetersen JOKER070117086898

Die Wohnung ist ein Rückzugsraum und daher für neugierige Fremde tabu. Das gilt im Prinzip auch für den Wohnungseigentümer. Aber was ist, wenn Mieter viele Jahrzehnte in der Wohnung leben? Dann darf der Vermieter sein Eigentum kontrollieren, befanden Richter.

(Foto: imago)

Wer wertvolle Gegenstände wie Gemälde oder teures Porzellan zu Hause aufbewahrt, sollte für sie eine extra Police abschließen.

Von Anne-Christin Gröger, Köln

Nur kurz war der junge Familienvater aus dem Zimmer gegangen und hatte seine spielenden Kinder allein zurückgelassen. Als er wiederkam, prangte ein großes Loch in dem 80 000 Euro teuren Ölgemälde, das er wegen Malerarbeiten zwischenzeitlich auf dem Boden abgestellt hatte: Die Kinder hatten das Gesicht einer der gemalten Personen mit der Bastelschere ausgeschnitten. Einen genauso großen Schreck bekam der Sammler kleiner chinesischer Tonfiguren, die in seinem Wohnzimmer auf einem Podest standen. Während des Putzens hatte er die Fenster offen stehen lassen und war kurz nach draußen gegangen. Bei seiner Rückkehr fand er eine Figur zerbrochen am Boden, daneben lagen Federn: Eine Taube hatte sich ins Zimmer verirrt und die kleine Skulptur vom Podest gestoßen.

Außergewöhnliche Schadenfälle wie diese passieren Kunstbesitzern häufiger als gedacht, sagt Tobias Wenhart vom Spezialversicherer Hiscox, der auch Kunstgegenstände und wertvolles Eigentum versichert. Wenhart hat beide Schäden begleitet und mit reguliert. Gerade wenn es sich um besonders teure Stücke handelt, sind solche Schäden nicht von der privaten Hausratversicherung abgedeckt. Denn die zahlt nur bei Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Hagel und Sturm oder wenn Einbrecher das Gemälde oder die teure Skulptur stehlen - und auch dann nur bis zu einer gewissen Höhe. Wenhart: "In klassischen Hausratverträgen sind Wertsachen wie Schmuck, Bargeld oder auch Kunst oft nur pauschal mit 20 Prozent der Versicherungssumme mitversichert."

Eine Kunstversicherung dagegen ist eine Allgefahrendeckung. Das heißt, sie kommt für alle Schäden auf, die der Versicherer nicht explizit ausschließt. "Eine solche Kunstversicherung greift selbst in Fällen wie dem einfachen Diebstahl, bei Abhandenkommen von Kunstwerken oder bei Beschädigung durch grobe Fahrlässigkeit", sagt Birte Abraham von Versicherungsmakler Funk Fine Arts. Versichert ist auch der Transport zum Restaurator oder zu einer Ausstellung. Der Abschluss einer entsprechenden Police kann bereits ab einer Versicherungssumme zwischen 50 000 Euro und 60 000 Euro sinnvoll sein, sagt sie. Für diese Summe kostet das in der Regel ab 250 Euro pro Jahr.

Weil immer mehr Wohlhabende sich mit schönen Dingen wie edlen Teppichen, antiken Möbelstücken, teurem Wein oder exklusiver Kunst umgeben, bieten viele Kunstversicherer spezielle Kombi-Versicherungen an, mit denen Kunst und Hausrat gleichermaßen geschützt sind. Die Versicherungssumme kann entsprechend höher verabredet werden als bei klassischen Hausratpolicen. Der Vorteil: "Im Schadensfall hat der Versicherte es nur mit einem Versicherer zu tun und muss die Schäden nicht für unterschiedliche Gesellschaften dokumentieren", sagt die Maklerin. "Außerdem ist alles zu denselben Konditionen versichert." Vor Abschluss eines Vertrags dokumentiert der Versicherer die Sammlung und legt mit dem Kunden eine Versicherungssumme fest. "Dazu wird eine Liste erstellt, in der der Kunde alle Kunstgegenstände mit einem Foto und den dazugehörigen Maßen sowie der Information, wo er sie gekauft hat, aufführt", sagt Hiscox-Mann Wenhart. Dazu sollte der Preis sowie der aktuelle Marktwert eines Stückes erfasst werden. Weil sich der Wert einer Sammlung schnell verändern kann, sollten Sammler die Versicherungssumme regelmäßig überprüfen und gegebenenfalls anpassen lassen. "Das wird in der Regel im Turnus von zwei bis drei Jahren gemacht", sagt Abraham. Für Änderungen in der Zwischenzeit haben die meisten Versicherer einen Wertsteigerungspuffer eingebaut.

Eine solche Überprüfung ist auch deswegen sinnvoll, weil Kunst Moden unterliegt. Aktuell sehr gefragt sind Werke der Künstlergruppe Zero, aber auch viele Künstler der klassischen Moderne haben in den vergangenen Jahren noch einmal eine immense Wertsteigerung erfahren, sagt die Maklerin.

Die Entwicklung kann aber auch in die andere Richtung gehen. "Kürzlich musste ich einem Ehepaar sagen, das vor langer Zeit Hunderttausende von D-Mark in Gemälde der Münchener Schule investiert hatte, dass die meisten der Bilder zurzeit gerade einmal noch die Hälfte wert sind." Auch für Perserteppiche oder Meißener Porzellan muss der Preis derzeit regelmäßig nach unten korrigiert werden. Die häufigsten Schäden entstehen, wenn Kunst transportiert wird, sagt Wenhart. Spektakuläre Diebstähle kommen dagegen verhältnismäßig selten vor. "Das liegt daran, dass Kunstdiebe es in der Regel konkret auf einzelne Werke abgesehen haben und gezielt für bestimmte Auftraggeber unterwegs sind", sagt er. Der klassische Einbrecher wisse oft gar nichts vom Wert einer Skulptur oder eines Gemäldes. "Wüsste er es doch, so wäre es trotzdem ziemlich schwierig, das Stück am Markt zu veräußern." Ein zunehmend größeres Problem bei Einbrüchen sei Vandalismus, sagt Abraham. "Die Diebe finden nicht, was sie suchen und lassen ihren Frust an kostbaren, in ihren Augen aber wertlosen Kunstwerken aus."

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