Kündigungen bei Handy-Hersteller:Nokia will 10.000 Stellen streichen

Der einstige Handy-Weltmarktführer Nokia steckt tief in der Krise: Bis Ende 2013 sollen bis zu 10.000 Jobs weltweit gestrichen werden. Auch deutsche Standorte sind betroffen - etwa die Hälfte der Arbeitsplätze fallen weg.

Der kriselnde Handy-Riese Nokia streicht 10.000 Arbeitsplätze. Die Jobs sollen bis Ende 2013 wegfallen, wie das finnische Unternehmen am Donnerstag ankündigte. In Deutschland trifft es etwa die Hälfte der 1500 Stellen. Der Standort für Forschung und Entwicklung in Ulm, mit zuletzt 730 Mitarbeitern, soll Ende September schließen. "Deutschland bleibt für Nokia aber ein sehr wichtiger Standort für unsere Entwicklungsaktivitäten", sagte ein Nokia-Sprecher.

Das Unternehmen hat unter anderem in Berlin ein Zentrum für ortsbasierte Dienste. Solche Dienste sollen einer der zukünftigen Schwerpunkte von Nokia werden. Der Plan ist, den Fokus auf die neuen Smartphones der Marke Lumia und verwandte Angebote zu schärfen. Dafür gibt es die Kürzungen bei anderen Geschäftsbereichen.

Nokia steckt in roten Zahlen fest. Der Umbau sei nun nötig, um Kosten zu sparen und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, erklärte Nokia-Chef Stephen Elop. Jetzt sollen die jährlichen Einsparungen bei den operativen Ausgaben von einer auf drei Milliarden Euro hochgeschraubt werden. Zunächst wird der Stellenabbau aber rund eine Milliarde Euro kosten. Ein Zäsur ist die Schließung des traditionsreichen Werks Salo im Heimatland Finnland. Nokia hatte nach jüngsten Zahlen weltweit knapp 125.000 Mitarbeiter im Konzern. Ohne den ebenfalls mit heftigen Problemen kämpfenden Netzwerk-Ausrüster NSN waren es 53.500 Arbeitnehmer.

Mit der neuen Strategie geht auch ein breit angelegter Umbau des Führungsteams einher. Es gehen Marketingchefin Jerri DeVard, Handy-Chefin Mary McDowell und Vize-Chef Niklas Savander.

Lange war Nokia Marktführer im Geschäft mit einfachen Handys und auch Computer-Handys, wurde aber von Apple mit seinem iPhone und vor allem Samsung überholt. Auch die Lumia-Smartphones mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone erwischten im vergangenen Herbst einen mäßigen Start. Für die unmittelbare Zukunft sieht es nicht besser aus - der Konzern senkte den Ausblick für das zweite Quartal.

Katastrophale Zahlen im ersten Quartal

Bereits zu Jahresbeginn verbreiteten sich schlechte Zahlen: Der harte Wettbewerb auf dem Smartphone-Markt und die Sanierung des Netzwerkausrüsters Nokia Siemens Networks (NSN) belasten Nokia schwer. Im ersten Quartal fuhr das finnische Unternehmen einen gewaltigen Verlust von 929 Millionen Euro ein. Der Umsatz sackte im Jahresvergleich um 29 Prozent auf 7,3 Milliarden Euro ab, wie der Konzern damals mitteilte.

Zum Vergleich: Vor einem Jahr hatte Nokia noch einen Gewinn von 344 Millionen Euro verbucht. Dieses Mal verschlang der verlustreiche Netzwerkausrüster NSN jede Menge Geld. Allein 772 Millionen Euro entfallen auf die Restrukturierungskosten. Bei NSN hat die Kündigungswelle bereits begonnen. Das Unternehmen baut derzeit weltweit gut 20.000 Stellen ab und schließt auch in Deutschland Standorte.

Luxushandy-Marke Vertu verkauft

Neben den Umbaumaßnahmen gab Nokia am Donnerstag bekannt, wie bereits erwartet seine Luxushandy-Marke Vertu an den Finanzinvestor EQT verkauft zu haben. Damit bestätigte das Unternehmen am Donnerstag Medienberichte vom Vortag. Am Mittwoch hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg informierte Personen damit zitiert, der geplante Verkauf bewerte die Edelmarke mit Sitz im englischen Church Crookham mit rund 200 Millionen Euro. Zu den finanziellen Details machten die Unternehmen allerdings keine Angaben.

Die Marke Vertu ist bekannt für ihre mit Edelsteinen besetzten Mobiltelefone, die für einen Durchschnittspreis von mehr als 5000 Euro über die Ladentheke gehen. In Westeuropa hatte Vertu 2010 nach Angaben der Marktforschung IDC einen Marktanteil im Luxushandysegment von rund 60 Prozent.

Bereits seit einiger Zeit wurde Nokia nachgesagt, die Nobelmarke verkaufen zu wollen. Im Gespräch als potenzieller Käufer war nach Angaben der Financial Times unter anderem auch der Finanzinvestor Permira. Der Zeitung zufolge wird der Umsatz von Vertu auf 200 bis 300 Millionen Euro jährlich geschätzt. Die von der schwedischen Familie Wallenberg kontrollierte Beteiligungsgesellschaft EQT hatte Anfang dieser Woche erst den deutschen Leukoplast-Hersteller BSN Medical für 1,8 Milliarden Euro übernommen.

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