Bitcoin:Das große Wattrüsten

Bitcoin: Energieintensiv: Innenansicht einer Bitcoin-Farm im kanadischen Saint-Hyacinthe.

Energieintensiv: Innenansicht einer Bitcoin-Farm im kanadischen Saint-Hyacinthe.

(Foto: AFP)

Umweltschützer schlagen Alarm: Der Energiebedarf für Bitcoin ist etwa so groß wie der Irlands. Und er wächst ständig, was am zunehmenden Wettbewerb unter den Minern liegt.

Von Jan Schwenkenbecher

Bitcoins sind eine virtuelle Währung. Man trägt sie nicht im Geldbeutel spazieren, beim Bäcker können sie nicht in irgendwelche Ritzen zwischen dem Gebäck fallen. Dennoch sind sie an eine echte Ressource gekoppelt: an Strom. Diese Koppelung wird dieser Tage zu einem immer größeren Problem, denn das Bitcoin-System bedingt, dass derjenige reich wird, der viel Energie verbraucht. Wie groß das Problem Energiebedarf tatsächlich ist, zeigt eine vor Kurzem im Wissenschaftsjournal Joule erschienene Studie, der zufolge die virtuelle Währung bis Ende des Jahres so viel Energie benötige wie Österreich.

In dem Aufsatz hat der Bitcoin-Experte des Beratungsunternehmens PwC, Alex de Vries, ausgerechnet, wie viel Energie weltweit gebraucht wird, um neue Bitcoins zu schaffen. Beim sogenannten Mining wird vom Bitcoin-Netzwerk allen beteiligten Rechnern eine Aufgabe gestellt, die sie lösen müssen. Wer die Aufgabe knackt, bekommt 12,5 Bitcoins überwiesen, die derzeit etwa 90 000 Euro Wert sind. Je mehr Rechenpower ein Teilnehmer ins Netzwerk einspeist, desto größer sind seine Chancen, die Bitcoins zu erhalten.

Damit Bitcoins aber in gleichbleibendem Takt entstehen, etwa alle zehn Minuten, werden die gestellten Aufgaben schwieriger, um so die steigende Rechenleistung des Netzes auszugleichen. Unter den Minern entsteht dadurch ein Wettbewerb, den eigenen Anteil der Rechenleistung am Netz zu vergrößern. Ein Wettrüsten entsteht, durch das der Energiebedarf ständig steigt. Mittlerweile gibt es Bitcoin-optimierte Prozessoren und ausgefeilte Kühlsysteme. In den vergangenen Jahren sind weltweit ganze Lagerhallen entstanden, in denen Tausende Rechner in Reihe geschaltet tagein, tagaus Bitcoins schürfen. Viele davon stehen in China, wo Strom günstig ist. Und wie viel Energie braucht das Mining nun?

Es geht so weiter, bis die verbrauchte Energie teurer ist, als das durch sie gewonnene Geld

Im Bitcoin-Netzwerk kann man lediglich sehen, wie viele Berechnungen die teilnehmenden Computer durchführen. Nicht aber, ob es ein einzelner optimierter Super-Computer ist oder unzählige uralte Laptops. De Vries hat in seiner Studie daher das Best-Case-Szenario angenommen - also wie hoch der Energiebedarf ausfällt, wenn alle eingesetzten Prozessoren das effizienteste auf dem Markt erhältliche System nutzten. Sein so aufs Jahr hochgerechneter Mindestwert lag bei 22,35 Terawattstunden (TWh), die das Bitcoin-Netz mit dem derzeitigen Energiebedarf verschlingt. Das ist in etwa so viel, wie Irland jährlich verbraucht. Bereits Ende 2018 könnte der Energiebedarf demnach 67,23 TWh betragen, denn das Wettrüsten um den größten Anteil an Rechenleistung hält an. Das wäre die Größenordnung Österreich.

Eine einzelne Überweisung verbrauchte dann umgerechnet so viel Energie wie ein Dreipersonenhaushalt in einem Vierteljahr. Insgesamt wären Bitcoins somit für etwa 0,5 Prozent des globalen Energieverbrauchs verantwortlich. De Vries findet das: "Schockierend. Dieser steigende Energieverbrauch hilft uns sicher nicht, unsere Klimaziele einzuhalten." Weitergehen wird das Rennen um die größte Rechenpower, bis der investierte Strom mehr kostet, als die gewonnenen Bitcoins einbringen. Wann das so weit ist, hängt von vielen Faktoren wie Strompreis, Bitcoin-Wert oder den Anschaffungskosten der Hardware ab und ist daher kaum vorherzusagen.

In China kursierten zuletzt Berichte, die Regierung erwäge, Mining zu regulieren. Und auch die EU hat sich schon mit dem Thema befasst. In Europa ist Mining zwar wegen der höheren Stromkosten nicht so verbreitet, einzig in Schweden gibt es eine größere Farm. Dennoch schrieb Marija Gabriel, EU-Kommissarin für Digitales, Anfang März in einer Stellungnahme, das Problem sei der EU-Kommission durchaus bekannt, allerdings gebe es keine rechtliche Handhabe, Bitcoin-Miner zu regulieren. Solange Bitcoins legal sind, darf auch Energie für ihre Gewinnung verbraucht werden.

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