Kritik des Wirtschaftsrates:"Ein billiger Trick"

Der Wirtschaftsrat der Union warnt angesichts der Pläne für Staatsanleihen vor einer Einführung von Eurobonds durch die Hintertür.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Der Wirtschaftsrat der Union lehnt die Idee ab, die staatliche Schuldenaufnahme in der Euro-Zone neu zu organisieren und dazu verbriefte Anleihe-Pakete an Investoren zu verkaufen (siehe nebenstehenden Artikel). Generalsekretär Wolfgang Steiger warnte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung davor, das Konzept berge die Gefahr, dass Eurobonds durch die Hintertür eingeführt werden könnten. "Dazu gibt es keinerlei Legitimation", sagte Steiger. Er warnte "vor weiteren Schritten zur Vergemeinschaftung von Schulden. Staatsanleihen zu bündeln und in sogenannte European Safe Bonds (ESBies) zu überführen sei "ein billiger Trick".

Einerseits seien die Anleihen zwar privatwirtschaftlich entworfen, andererseits "aber anfällig für die politische Einflussnahme ohne demokratische Legitimation". Steiger argumentiert, dass ein deutlicher Anstieg der Rendite von Anleihen eines Staats womöglich den Druck auf die Gemeinschaft erhöhen könnte, dem schließlich nicht widerstanden werden könnte. "Im Krisenfall käme es dann bestimmt zu einer gemeinschaftlichen Haftung wie bei den viel diskutierten, aber verworfenen Eurobonds".

Die Euro-Zone brauche aber genau das Gegenteil. Die nationalen Regierungen müssten die Konsequenzen für ihre Politik tragen und dürften nicht länger notwendige Reformen verschleppen, sondern müssten jetzt endlich ihre Hausaufgaben machen. "Dafür ist ein marktgerechter Zins das beste Korrektiv", forderte Steiger. In einem Strategiepapier fordert der Wirtschaftsrat konkrete Maßnahmen, um den Finanzmarkt Europa und die Euro-Zone stärker und weniger anfällig für Krisen zu machen. Dazu zählen im Einzelnen:

Die Rückkehr zur strikten Trennung von Geld- und Fiskalpolitik

Die Europäische Zentralbank brauche dringend eine Neufestlegung des Mandats "mit hochtransparenten und einfach überprüfbaren geldpolitischen Regeln, heißt es in dem Papier. Um potenzielle Interessenkonflikte zwischen der Rolle der EZB in der Geldpolitik und der in er Bankenaufsicht zu vermeiden, sollte die Aufsichtsfunktion mittelfristig aus der EZB herausgelöst werden.

Nullgewichtung von Staatsanleihen in den Bankbilanzen abschaffen

Der Wirtschaftsrat fordert, die regulatorische Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen zu beenden. Auch bei Staatsanleihen müsse nach intelligenten Übergangsfristen gelten: Höhere Risiken müssen mit mehr Kapital unterlegt werden. Durch Großkreditgrenzen für staatliche Schuldner gilt es zudem, die Widerstandfähigkeit der Banken gegenüber Schieflagen bei den Staatsfinanzen zu stärken.

Eine Europäische Einlagensicherung ablehnen

Es soll keine gemeinsame Sicherung der Bankeinlagen geben, solange nationale Politiken über das Schicksal des Bankensektors entscheiden. In mehr als der Hälfte der EU-Staaten seien die nationalen Einlagesysteme noch nicht einmal Realität und die entsprechende Auffüllung mit notwendigen Mitteln meilenweit entfernt.

Frankfurt als starken europäischen Finanzplatz ausbauen

Nach dem Brexit sprechen viele Fakten für Frankfurt als Finanzplatz: die Stadt ist das Tor zur größten Volkswirtschaft Europas sowie das europäische Zentrum für Regulierung und der Sitz der EZB. Zugleich liege dort der größte Internetknoten der Welt. Verbessert werden müssen noch zentrale Standortfaktoren.

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