Kritik des Rechnungshofes:Verschleuderte Millionen

Ob eigens bei der Bundeswehr hergestellte Nasensprays, ein Luftkissenboot-Desaster oder üppige Versorgung mit Laptops bei Beamten - viele Steuergelder werden jedes Jahr sinnlos verprasst. Der Bundesrechnungshof nennt frappante Beispiele.

Pia Ratzesberger

Wieso lässt sich die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung einen neuen Tonnenleger 28 Millionen Euro kosten, obwohl das Schiff kaum ausgelastet werden kann? Und warum gibt es derart viele Computer bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt? Der Bundesrechnungshof, der an diesem Dienstag seinen neuen Jahresbericht vorgestellt hat, kennt viele Beispiele, wo Geld unsinnig ausgegeben wurde. Eine kleine Auswahl.

Computer im Überfluss

Im Bundesversicherungsamt werden die Steuergelder nach Angaben des Rechnungshofes im IT-Bereich verschleudert. Zum einen werden Aufträge in dieser Branche zu selten ausgeschrieben: Fast 1,8 Millionen kassierte ein einziger Auftragnehmer. Zum anderen ist das Amt auch bei der Anschaffung der neuesten Technik nicht sparsam. Womöglich ist das der Grund, warum Unterlagen zu den Beschaffungsvorgängen gelöscht wurden. Zehn Mitarbeiter eines Referats besitzen über 27 Mobil- und Datenfunkverträge, jeder hat bis zu drei Dienst-Laptops auf seinem Schreibtisch. Mit einer ähnlich luxuriösen IT-Ausstattung kann sich die Physikalisch-Technische Bundesanstalt rühmen: Hier arbeiten 1800 Mitarbeiter, doch Computer gibt es 4350. Das heißt zweieinhalbmal so viele Rechner wie Beschäftigte.

Ewiger Wunsch nach Luftkissenbooten

Ewiger Wunsch nach Luftkissenbooten

Schon seit zwölf Jahren will die Bundeswehr Luftkissenfahrzeuge - Hoovercraft - haben. Soldaten könnten so mitsamt ihrer Ausrüstung über Flüsse und Seen gebracht werden - theoretisch. Doch alle Versuche mit verschiedenen Prototypen scheiterten bisher kläglich. Allein die Experimente mit den ersten beiden Prototypen kosteten 1,1 Millionen Euro, das dritte Luftkissenboot blieb auf einer Probefahrt in diesem Jahr liegen. Von diesen Rückschlägen lässt sich die Bundeswehr allerdings nicht abschrecken und sucht immer noch nach einer neuen Lösung. Der Bundesrechnungshof empfiehlt, das so oft gescheiterte Vorhaben nach zwölf Jahren endlich aufzugeben.

Nasenspray für Soldaten

Nasenspray für Soldaten

Obwohl Nasenspray, Sonnencreme und Insektenschutzmittel in Apotheken viel günstiger beschafft werden könnten, produziert die Bundeswehr viele medizinische Produkte für die Soldaten selbst. Der Bundesrechnungshof rechnet mit Mehrkosten in Millionenhöhe. Allein eine neue Produktionsstätte ließ sich der Staat knapp 20 Millionen kosten. Ein weiteres Problem - es wird auch noch viel zu viel produziert. Die Soldaten zum Beispiel in Afghanistan und Kosovo brauchen gerade einmal zehn Prozent von den eigens für sie hergestellten Waren.

Kostenschleuder Energie-Haus

Kostenschleuder Energie-Haus

Ein Vorbild der Nachhaltigkeit für künftige Verwaltungsgebäude - das war der ehrgeizige Plan beim Bau des Umweltbundesamtes in Dessau 2005. Denn wer, wenn nicht ein Umweltbundesamt, sollte in Sachen Energieeffizienz eine Vorreiterrolle einnehmen. Doch genau das Gegenteil trat ein. Die Betriebskosten für das Gebäude liegen 50 Prozent höher als bei allen anderen Verwaltungsgebäuden und ausgerechnet die ökologischen Anlagen - etwa eine solarbetriebene Kältemaschine zur Raumkühlung - müssen viel zu oft gewartet werden.

Steuer erheben - nur wie?

Steuer erheben - nur wie?

Steuergelder werden nicht nur in vielen unnützen Projekten versenkt - auch bei der Eintreibung der Steuern selbst verschwendet der Staat hohe Summen. Seit 23 Jahren soll eine einheitliche Software entwickelt werden, damit die Erhebung der Steuergelder im ganzen Land einheitlich abläuft. Das Projekt "Fiscus" scheiterte bereits im Jahr 2005 und wurde aufgrund fehlender Erfolge eingestellt - mehr als 400 Millionen Euro für nichts. Dem Nachfolgerkonzept "Konsens" droht nun ein ähnliches Schicksal: 75,5 Millionen Euro Gesamtbudget sind eingeplant. Doch die Gremien verlören sich in kleingliedrigen Beschlüssen statt sich auf die Kernfragen zu konzentrieren, kritisiert der Bundesrechnungshof.

Tonnenleger ohne Aufgabe

Auf der Ems soll künftig ein neuer Tonnenleger schwimmen. Das Schiff wird normalerweise zum Aufstellen der Verkehrszeichen auf einem Fluss benötigt. 28 Millionen Euro nimmt die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung für die geplante Anschaffung in die Hand, ohne jedoch einen triftigen Grund nennen zu können. Denn ein zusätzlicher Tonnenleger könnte gerade einmal zu 50 Prozent ausgelastet werden. Die Verwaltung redet sich mit anderen Einsatzgebieten, wie zum Beispiel dem Feuerschutz, heraus. Dafür wäre das Fahrzeug schließlich auch einsetzbar. Doch der Bundesrechnungshof beanstandet: Feuerschutz-Schiffe seien immer an ihr Einsatzgebiet gebunden und könnten daher kaum an einem anderen Ort Tonnen legen.

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