Kritik des Bundesrechnungshofes:Bundeswehr verschenkt Sprit

  • Auf knapp 360 Seiten fasst der Bundesrechnungshof in seinen Bemerkungen 2014 Fälle von mangelnder Ausgabendisziplin, fehlender Mittelkontrolle und Verschwendung bei öffentlichen Geldern zusammen.
  • Im Fokus der Rechnungsprüfer stehen dabei erneut Verkehrsprojekte und die Bundeswehr. Zudem bemängelt die Behörde die Haushaltsplanung.

Von Stephan Radomsky

Auf der Autobahn A 14 herrscht oft freie Fahrt. Zwischen Magdeburg, Halle und Leipzig ist der Verkehr überschaubar. Dennoch wollte eine eifrige Straßenbauverwaltung die Kapazität der Trasse erhöhen und installierte deshalb eine sogenannte Verkehrsbeeinflussungsanlage, um den Verkehr zwischen zwei Anschlussstellen zeitweise auch über den Standstreifen rollen zu lassen. Kostenpunkt: 700 000 Euro.

Dumm nur, dass das Bundesverkehrsministerium die Anlage nicht genehmigt hatte. Und das mit gutem Grund: Weder der Verkehr, noch die Kapazität oder die Unfallzahlen auf der Trasse machten die Anlage nötig, stellt der Bundesrechnungshof in seinem Jahresbericht klar. Also musste das Land Sachsen-Anhalt das Geld an den Bund zurückzahlen. Und die A 14 hat nun eine weitgehend sinnlose Verkehrsbeeinflussungsanlage - auf Kosten der Steuerzahler.

Dies ist nur eines von vielen Beispielen für die Verschwendung von Steuergeld, die die Kassenwarte der Bundesregierung in diesem Jahr anprangern. Geordnet nach Ministerien und Behörden, sind sie die jeweiligen Etats durchgegangen, um unsinnige Ausgaben und Kosten aufzudecken. Eine Auswahl:

  • Verteidigungsministerium: Bei der Bundeswehr wurden auch in diesem Jahr wieder Einsparpotenziale sichtbar. Denn die Truppe verfügt offenbar über so viel Sprit, dass sie ihn verschenken kann. So rügen die Rechnungsprüfer, dass über Jahre hinweg Diesel und andere Betriebsstoffe an ausländische Truppenteile, Behörden und Zivilisten abgegeben wurden, ohne dies rechtzeitig und vollständig in Rechnung zu stellen. So hatte etwa ein Versorgungsschiff im Jahr 2011 Treibstoff im Wert von 920 000 Euro geliefert, der aber bis 2013 noch immer nicht abgerechnet worden war - was bis zur Prüfung aber niemandem auffiel. Außerdem will die Marine für 11,2 Millionen Euro einen Prüfstand für die Triebwerke ihrer Seeaufklärer bauen lassen - mit ungewissem Nutzen und erheblichen baulichen und finanziellen Risiken, wie es in dem Bericht heißt. Denn die von den Niederlanden gebraucht gekauften Flieger hätten nicht wegen Triebwerksproblemen häufig am Boden bleiben müssen. Vielmehr sei "der schlechte technische Zustand der Flugzeuge" das Problem.
  • Gesundheitsministerium: Kunst ist förderungswürdig, warum aber der Vorgänger eines Landesverbands der Betriebskrankenkassen gleich 200 000 Euro für 86 Kunstwerke ausgeben musste, blieb den Rechnungsprüfern ein Rätsel. Auf ihre Fragen hin räumte der Verband zwar ein, dass der Ankauf ein Fehler war - verzichtete jedoch darauf, Haftungsansprüche gegen die Verantwortlichen geltend zu machen. Schließlich sei es "sachlich begründet" gewesen, die Räume des Landesverbandes "adäquat" mit Kunstobjekten auszugestalten. Das sehen die Kassenwarte des Bundes anders: Sie kommen zu dem Schluss, dass der Verband "gegen seine Pflicht verstoßen hat, wirtschaftlich und sparsam zu handeln". Außerdem sei der Ankauf der Kunstwerke "nur lückenhaft dokumentiert".
  • Finanzministerium: Eigentlich sollte der Steuerzahler nie wieder für taumelnde Banken einstehen müssen - so das Versprechen im Nachgang von Lehman-Pleite und Finanzkrise. Deshalb verordnete der Bund der Banken-Branche 2011 einen Fonds, mit dem kriselnde Finanzinstitute restrukturiert oder abgewickelt werden sollen, ohne den Staatshaushalt zu belasten. Das ist nach derzeitigem Stand aber wohl nur ein frommer Wunsch: Der Bundesrechnungshof bemängelt, dass bis Ende 2013 lediglich 1,8 Milliarden Euro in den Fonds geflossen seien - und damit gerade halb so viel wie von Finanzminister Wolfgang Schäuble veranschlagt. Damit sei er zu klein, "um größere Stabilisierungsmaßnahmen aus dem Fonds zu leisten", so das Fazit der Rechnungsprüfer. "Das Ziel, dass das Kreditgewerbe in diesen Fällen die Unterstützung von in finanzielle Schieflage geratenen Instituten selbst trägt, kann damit nicht erreicht werden."
  • Verkehrsministerium: Besondere Aufmerksamkeit schenkte der Rechnungshof in diesem Jahr der neuen Bahnstrecke zwischen Nürnberg und Erfurt. Hier seien mehr als 35 Millionen Euro verschwendet worden, weil die Gleise in Bayern und Thüringen in unterschiedlichen Abständen verlegt wurden und Bauwerke wie Brücken und Tunnel daher verschiedene Abmessungen haben. Der Grund: Das Verkehrsministerium habe es schlicht versäumt, die Bahn "aufzufordern, in beiden Ländern die technischen Vorschriften gleich anzuwenden". Zudem kritisieren die Rechnungsprüfer, dass auf derselben Strecke 54 Millionen Euro für eine neuartige Signaltechnik vom Verkehrsministerium bewilligt wurden, ohne zuvor festzulegen, welche Anforderungen das System auf der Strecke erfüllen muss.

Grundsätzlich sind die Rechnungsprüfer keineswegs dagegen, dass der Staat Geld für Infrastruktur und Sachgüter ausgibt - im Gegenteil. So bemängelt Rechnungshof-Präsident Kay Scheller sogar, dass - auch wegen des demografischen Wandels - die Ausgaben im Sozialbereich bis Ende 2018 überproportional von derzeit 153 Milliarden auf dann voraussichtlich fast 172 Milliarden Euro steigen werden. Zugleich werde aber die Investitionsquote von 8,9 Prozent 2015 auf dann 8,3 Prozent sinken. "Der Verzicht auf eine Neuverschuldung sowie der Abbau der Schulden, verbunden mit einer Stärkung der Investitionen, bilden zentrale Säulen einer soliden Finanzpolitik", mahnte Scheller.

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