Kritik an Bankenaufsicht:"Zu wenig Kontrolle"

Ewa 1000 Aufsichtsexperten der Europäischen Zentralbank sind für die Kontrolle von 129 großen Finanzinstituten in Europa verantwortlich. Doch um diese Aufgabe zu stemmen, fehlt eigenes Personal, rügt der Europäische Rechnungshof.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Niemand lässt sich gern auf die Finger schauen. Die Experten des Europäischen Rechnungshofes (EuRH) dürften es daher gewöhnt sein, bei ihrer Arbeit auf Widerstand zu stoßen. Doch dieses Mal - die Prüfer nahmen sich die Europäische Bankenaufsicht vor - gab es wohl handfesten Streit. Die EZB sei "nicht bereit gewesen, uns Dokumente zu zeigen, die wir gebraucht hätten, um unsere Arbeit zu beenden", heißt im vorläufigen Bericht, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Darüber hinaus äußern die Experten des Rechnungshofs auf 90 Seiten auch scharfe Kritik an der Arbeit der Bankenkontrolleure. Die EZB war vor zwei Jahren angetreten, um Europas Kreditinstitute besser in den Griff zu bekommen. Doch das gestalte sich schwierig. "Die zentrale EZB-Aufsicht hat zu wenig Kontrolle über Zusammensetzung und Qualität der Aufseher und Inspektoren", so die Experten. Die EZB solle deshalb sicherstellen, dass mehr eigenes Personal die Vor-Ort-Inspektionen bei den Banken vornehme.

Die Rechnungsprüfer sprechen einen wunden Punkt an. Die etwa 1000 Aufsichtsexperten der EZB sind für die Kontrolle von 129 Großbanken in Europa verantwortlich. Doch um diese Aufgabe zu stemmen, fehlt eigenes Personal. Die EZB ist daher auf Mitarbeiter der nationalen Aufsichtsbehörden angewiesen. Die Zusammenarbeit funktioniert alles andere als gut. Es gibt Vorwürfe, die nationalen Aufseher würden die zentrale Aufsichtsarbeit mitunter sabotieren, um die Banken des Heimatlandes vor allzu strenger Kontrolle zu schützen. Hintergrund: Die nationalen Bankenaufsichtsbehörden der Euro-Zone stehen meist unter Kontrolle der Finanzministerien und damit unter politischem Druck.

Es gibt Vorwürfe, wonach manche Länder-Aufsicht die eigenen Banken schützt

Genau um diesen Missstand zu beenden, haben sich die EU-Regierungen auf den Aufbau einer zentralen Bankenaufsicht geeinigt. In der Finanzkrise ab 2008 war deutlich geworden, wie häufig nationale Behörden die Kontrolle der Heimatbanken allzu lax ausgeführt hatten.

Doch die zentrale EZB-Bankenaufsicht hat wenig Durchsetzungskraft, gerade bei den wichtigen Vor-Ort-Inspektionen, wenn die Stabilität der Banken auf Herz und Nieren geprüft wird. Die EZB stelle bei diesen Missionen nur acht Prozent des Gesamtpersonals und würde nur zwölf Prozent der Inspektionen leiten, kritisierte der Rechnungshof. Der Rest bestehe aus nationalem Personal, das mitunter überfordert sei. "Die EZB soll ihre Bemühungen stärken, die Qualifikation der nationalen Vor-Ort-Inspektoren zu erhöhen", empfehlen die Rechnungsprüfer. Das Interesse an Weiterbildungsseminaren für Gruppenleiter der Inspektionen sei gering, so der Rechnungshof. Zu sechs Seminaren im Jahr 2015 sei die Hälfte der Verantwortlichen nicht einmal zu einem der Termine erschienen.

Bei der EZB war man ziemlich erbost über den Bericht, der im Juni an die Zentralbank übergeben wurde. EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio soll einen scharfen Brief an den Rechnungshof geschrieben haben, in dem er zahlreichen Änderungen für den Schlussbericht anmahnte. Offiziell teilte die EZB mit, man hätte es geschätzt, "wenn der vorläufige Bericht die Errungenschaft, die Bankenaufsicht aufzubauen, mehr gewürdigt hätte". Der Europäische Rechnungshof wird den Abschlussbericht am Freitag veröffentlichen. "Der vorläufige Bericht könnte einige Fehler und Ungenauigkeiten enthalten. Im Schlussbericht könnte es also größere Änderungen geben", sagte ein EuRH-Sprecher. Das klingt so, als habe sich die EZB zumindest teilweise durchgesetzt. Die Frage ist nun, ob der Rechnungshof künftig bessere Akteneinsicht erhält. Die EZB solle ab sofort vollständig kooperieren, damit man das Mandat auch ausführen könne, forderten die Prüfer. Die EZB kontert: Man habe alles vorgelegt, "was nötig war".

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