Krisentreffen zu Zyperns Zukunft:Harte Verhandlungen ziehen sich bis in die Nacht

Finanzkrise in Zypern

Hunderte protestieren in Nikosia vor dem Büro der EU: In Brüssel ziehen sich derweil die Verhandlungen über das Rettungspaket bis in die Nacht.

(Foto: Bloomberg)

Zyperns Präsident Anastasiades ringt in Brüssel um die Zukunft seines Landes. Gelingt keine Einigung über das Hilfspaket, dann droht Zypern am Dienstag der Bankrott. Das entscheidende Treffen mit den Finanzministern der Euro-Länder verzögert sich bis in die Nacht. Besonders umstritten ist die Frage, wie Zypern den Eigenanteil an den notwendigen Rettungsmilliarden aufbringen kann.

Unter höchstem Zeitdruck ringt die zyprische Regierung in Brüssel um die Rettung ihres Landes vor dem Staatsbankrott. Staatschef Nicos Anastasiades traf im EU-Ratsgebäude die Spitzen von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF), um über ein Hilfspaket zu verhandeln. Ein im Anschluss geplantes Treffen der Euro-Finanzminister verzögert sich um mehrere Stunden - urspünglich war es für 18 Uhr angesetzt, begonnen hat es mit vier Stunden Verspätung.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rief Zypern zu Zugeständnissen auf. "Es liegt nicht an uns, die Entscheidung liegt in Zypern", sagte Schäuble vor dem Treffen der Euro-Finanzminister. "Ich hoffe, dass wir heute zu einem Ergebnis kommen, aber das setzt natürlich voraus, dass man in Zypern die Lage einigermaßen realistisch sieht." Der irische Finanzminister Michael Noonan sagte, er erwarte in Brüssel eine "lange Nacht".

Der konservative Anastasiades soll nach Angaben des staatlichen zyprischen Fernsehens (RIK) gegenüber seinen Gesprächspartnern in Brüssel sogar von Rücktrittsdruck gesprochen haben: "Wollt ihr mich zum Rücktritt zwingen? Wenn es das ist, was ihr wollt, dann sagt es." In Brüssel war dafür zunächst keine Bestätigung zu erhalten.

Die Beratungen gelten als letzte Chance, um Zypern vor der Pleite zu retten: Die EZB will die zyprischen Banken nur noch bis Montag mit Notkrediten versorgen, wenn kein Rettungspaket zustande kommt. Zahlt die EZB nicht mehr, stünden die Finanzinstitute und damit der Staat vor der Pleite.

Es geht um die Frage, wie Zypern seine Eigenbeteiligung aufbringt

Bei den Beratungen in Brüssel geht es um die Frage, wie Zypern seine Eigenbeteiligung zu dem Rettungsprogramm aufbringen kann. Die internationalen Geldgeber wollen zehn Milliarden Euro Unterstützung für Zypern nur freigeben, wenn das Land aus eigener Kraft insgesamt sieben Milliarden Euro aufbringt. Als noch ausstehende Eigenleistung wird inzwischen meist der Betrag von 5,8 Milliarden Euro genannt, weil Zypern 1,2 Milliarden Euro über Privatisierungen und eine Erhöhung der Unternehmenssteuer einnehmen kann.

Allerdings gab es am Sonntag auch Vermutungen, dass der Finanzbedarf womöglich höher ausfallen könnte. Nach Angaben eines EU-Diplomaten wurden die Schätzungen "nach oben korrigiert". Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden wies dies zurück: "Die Summen, die in der Diskussion stehen, haben sich diese Woche nicht geändert." Schäuble sagte ebenfalls, die Zahlen hätten sich "nicht verändert", fügte aber hinzu, sie könnten sich "allenfalls verschlechtert" haben.

In einer Marathonsitzung am Samstag hatte sich Anastasiades laut zyprischen TV-Berichten mit Vertretern der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF in Nikosia auf ein Konzept für die umstrittene Zwangsabgabe auf Bankguthaben geeinigt. Demnach sollen Kunden der Bank of Cyprus auf Guthaben über 100.000 Euro eine Abgabe von 20 Prozent zahlen, bei anderen Geldinstituten sollen es vier Prozent sein. Die Verhandlungen wurden offenbar hart geführt: Ein zyprischer Regierungsvertreter warf dem IWF nach Angaben der zyprischen Nachrichtenagentur CNA vor, "alle halbe Stunde eine neue Forderung" zu stellen.

Mehrere Hundert Demonstranten protestieren in Nikosia

Am Freitagabend hatte Zypern erste Teile eines neuen Maßnahmenpaketes auf den Weg gebracht und neben der Umstrukturierung des Bankensektors die Einrichtung eines nationalen Solidaritätsfonds beschlossen.

Die beiden größten zyprischen Banken setzten am Sonntag neue Höchstbeträge für Abhebungen an Geldautomaten fest. Sämtliche Bankfilialen in Zypern sind seit dem 16. März geschlossen.

Mehrere Hundert Demonstranten haben am Sonntagabend vor den Büros der Vertretung der EU in Nikosia gegen das "Spardiktat aus Brüssel" protestiert. Zu der Demonstration hatten linke Parteien und Gewerkschaften aufgerufen. Die Demonstranten versammelten sich anschließend vor dem Präsidentenpalais in Nikosia. Sie skandierten "Troika raus aus Zypern."

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