Kreditvergabe:Das billige Geld wirkt

Lesezeit: 2 min

So hat sich die EZB das vorgestellt: Die Volksbanken und Raiffeisenbanken haben 2016 besonders viele Kredite vergeben, auch bei anderen Instituten steigen die Zahlen. Bei den VR-Banken läuft vor allem das Geschäft mit den Firmen.

Von Felicitas Wilke, München

Die Menschen und die Unternehmen in Deutschland reagieren auf die Politik des billigen Geldes und nehmen vermehrt Kredite auf. Besonders gerne scheinen sie sich derzeit Geld bei den Genossenschaftsbanken zu leihen. Das legen Zahlen nahe, die der Verband der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) am Dienstag veröffentlicht hat. Die VR-Banken konnten sowohl bei den Privatkunden als auch bei den Firmenkunden Marktanteile gewinnen und wuchsen in beiden Segmenten stärker als der Markt.

Die genossenschaftliche Bankengruppe rechnet damit, im Geschäftsjahr 2016 Kredite in Höhe von insgesamt 523 Milliarden Euro an Privatkunden und Unternehmen zu vergeben. Das sind dem Verband zufolge 4,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. "Die Kreditnachfrage unserer Kunden bleibt hoch", sagt Andreas Martin, Vorstand des BVR. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken haben derzeit 272 Milliarden Euro an Privatkunden verliehen und damit 4,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Auch die Firmenkunden leihen sich vermehrt Geld bei den VR-Banken. Das Kreditvolumen in diesem Segment ist im Vergleich zum Vorjahr um 5,2 Prozent auf 228 Milliarden Euro angestiegen.

Zwar läuft das Kreditgeschäft bei den VR-Banken zurzeit besonders gut, doch auch bei den Wettbewerbern hat es angezogen. Zahlen der Bundesbank zeigen, dass sich sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr mehr Geld bei den Banken leihen. Der Markt im Privatkundenbereich wuchs um 3,5 Prozent, bei den Firmenkunden sind es 2,1 Prozent. Genau das ist es, was die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer derzeitigen Nullzinspolitik erreichen möchte: dass Verbraucher und Unternehmen die Wirtschaft ankurbeln, indem sie Kredite aufnehmen.

Obwohl die Preise gestiegen sind, kaufen weiterhin viele Menschen Immobilien. Gut für die Banken

Wenn ein Unternehmen sich Geld für eine neue Maschine leihen oder eine Familie eine Eigentumswohnung finanzieren möchte, dann liegen die Zinsen dafür derzeit historisch niedrig. So betrug der durchschnittliche Zinssatz für einen neu vergebenen Wohnungsbaukredit mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren im Oktober 1,66 Prozent. Ein Wert, der viele Menschen dazu motiviert, eine Immobilie zu kaufen - auch wenn die Preise wegen der hohen Nachfrage zuletzt angezogen sind und auch die Zinsen wieder steigen werden.

Wenn es darum geht, ihren Kunden Geld für eine Immobilie zu leihen, sind auch andere Kreditinstitute mit ihren Zahlen zufrieden. Beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) heißt es, dass man zwar hinter dem Rekordergebnis vom vergangenen Jahr zurückbleiben werde. Damals verliehen die Sparkassen insgesamt 52,2 Milliarden Euro neu an private Immobilienkäufer. In diesem Jahr würden sie aber immerhin den zweitbesten Wert der vergangenen fünf Jahre erreichen.

Die kleine Delle, welche die Sparkassen bei der Baufinanzierung hinnehmen mussten, spiegelt sich im gesamten Markt nicht wider, sagt Peter Barkow, Geschäftsführer der Beratungsfirma Barkow Consulting. "Der Bestand in diesem Bereich wächst weiter", stellt er fest. Auch Ratenkredite, die heute in jedem Möbelhaus angepriesen werden und auch von den Banken direkt vergeben werden, gewinnen für viele Institute an Bedeutung.

Bei den VR-Banken tragen derzeit jedoch vor allem die Firmenkunden zum gestiegenen Kreditvolumen bei. Bankenexperte Barkow findet die Zuwächse der genossenschaftlichen Banken "erheblich". Der BVR wiederum erklärt sich die guten Zahlen vor allem mit den vielen mittelständischen Dienstleistern, die zu den Kunden dieser Bankengruppe gehörten. "Sie profitieren besonders stark von der guten Binnenkonjunktur", sagt Steffen Steudel vom BVR.

© SZ vom 28.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: