Kredite für lau:Angst essen Zinsen auf

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In den USA haben Anleger dem Staat 30 Milliarden Dollar geliehen - ohne jede Rendite. US-Staatsanleihen bringen null Prozent.

Helga Einecke

Die Zinsspirale nach unten hat eine neue Dimension erreicht. Die amerikanische Regierung verkaufte den Anlegern kurzfristig Staatspapiere zu einem Zins von null Prozent.

Kredite für lau: Die Zinsspirale nach unten hat eine neue Dimension erreicht (Foto: Foto: dpa)

Am Dienstag war die Nachfrage nach den Papieren mit einer Laufzeit von vier Wochen so groß, dass die Investoren 30 Milliarden Dollar hergaben und dafür keinerlei Rendite verlangten. "Da kann man gleich das Geld in Banknoten halten", kommentierte Peter Müller, Analyst der Commerzbank dieses Anleger-Geschenk an den amerikanischen Staat.

Das Geld sei jedoch nicht direkt von kleinen privaten Haushalten gekommen sondern von großen Investoren wie Versicherungen oder Pensionsfonds, die vor allem auf Sicherheit setzen. Experten werten dieses Verhalten als einen Beleg dafür, dass die Angst noch lange nicht aus dem Markt verschwunden ist.

"Das überrascht niemanden"

Zuletzt hat es das im September in den USA gegeben als die Bank Lehman Brothers zahlungsunfähig wurde und Panik unter den Anlegern ausbrach. Schon damals war die Rendite der einmonatigen Papiere kurzfristig unter Null gelandet.

"Das überrascht niemanden", sagt Müller. Schließlich gebe es massenhaft Geld im Markt. Bevor große Anleger Bargeld horten, würden sie es lieber bei der Regierung oder der Zentralbank anlegen, zur Not auch gegen Gebühr. Das habe es beispielsweise auch in der Schweiz gegeben. Dort versteckten vermögende Kunden ihr Geld. Sie zahlten den Banken eine Aufbewahrungsgebühr, hinterzogen dafür aber die Steuern an den eigenen Fiskus.

Nach Ansicht der Analysten des Bankhauses Sal. Oppenheim führen negative Zinsen zu einem Umdenken der Anleger. Zunächst schrumpfe die Rendite der Staatsanleihen je nach Laufzeit deutlich. Dann würden amerikanische Geldmarktfonds dicht machen und kein neues Geld mehr aufnehmen. Dies lenke den Blick der Investoren auf den Unternehmenssektor, der über Anleihen und Aktien mehr Rendite, aber auch höhere Risiken berge.

Bisher gibt es aber noch keinerlei Anzeichen für einen Schwenk der Anleger in Richtung Unternehmen, zumal die Aussichten an den Aktienmärkten im nächsten Jahr nicht rosig sind. Dagegen sorgt die amerikanische Notenbank Fed vor und hat nach einem Bericht des Wall Street Journal beim US-Kongress für die Ausgabe eigener Anleihen vorgefühlt.

Dies wäre eine völlige Neuheit und wird von Experten auch als eine Experiment gesehen. "Ich halte das nicht für sehr konstruktiv", sagt Müller. Im Grunde seien die ausgegebenen Dollar auch Forderungen gegen die US-Notenbank. Sollte die Fed nun Anleihen ausgeben, würde sie die Dollar einsammeln und durch andere Papiere ersetzen. Allerdings dürfte sie die Anleihen verzinsen, während Bargeld keinerlei Rendite bringt.

Schärfste Waffe stumpf

Das Experiment besteht darin, dass keiner weiß, was die Käufer mit den Fed-Anleihen machen. Würden die Käufer diese Anleihen wie Bargeld behandeln, also damit ein Auto oder größere Anschaffungen bezahlen, könnte das Experiment fehlschlagen.

Würden die Anleihen dagegen die Geldverleihung der Banken untereinander anschieben, könnten sie erfolgreich sein. Die Ausgabe eigener Schuldtitel soll der Fed Flexibilität und Mittel im Kampf gegen die Folgen der Finanzkrise verleihen. Zwar kann sich die Notenbank prinzipiell auch das dafür benötigte Geld drucken, dies würde jedoch nach einem bestimmten Zeitraum die Inflation anheizen.

Durch die Ausgabe eigener Notenbank-Anleihen müsste die Gesamtverschuldung der USA neu koordiniert werden. Wie auch in Deutschland ist in den Vereinigten Staaten das Finanzministerium für die Ausgabe staatlicher Schuldtitel verantwortlich.

Die Fed greift bei der Bekämpfung der Krise zu alternativen geldpolitischen Mitteln. Sie hat ihre schärfste Waffe, den Leitzins, bereits bis auf ein Prozent gesenkt und damit kaum noch Manövriermöglichkeit.

Experten rechnen damit, dass sie ihren Leitzins kommende Woche sogar noch weiter, auf 0,5 Prozent, senken wird. Fed-Chef Ben Bernanke hatte angedeutet, er könne dazu übergehen, die Wirtschaft nicht mehr über den Preis des Geldes, den Leitzins, sondern über die Geldmenge zu steuern, indem die Fed zum Beispiel Wertpapiere direkt ankauft.

© SZ vom 11.12.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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