Krauss-Maffei Wegmann:"Kriminelle Schmutzkampagne"

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  • Der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann wurde erpresst.
  • Das Unternehmen ist seit Wochen zahlreichen Attacken aus dem Hinterhalt ausgesetzt, die zum Ziel haben, die geplante Fusion mit dem französischen Staatskonzern Nexter zu verhindern.
  • Einer der Empfänger dieser unter falschen Namen verschickten E-Mails ist der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl.

Von Klaus Ott, München

Vor einigen Wochen kam bei der Panzerschmiede Krauss-Maffei Wegmann (KMW) ein Erpresserschreiben an. Ein Anonymus behauptete, er könne Unterlagen beiseiteschaffen, die KMW bei einem Panzergeschäft mit Griechenland in Milliardenhöhe belasteten. Staatsanwälte in München und Athen untersuchen seit längerem, ob der Rüstungsbetrieb beim Verkauf des Leopard 2 nach Hellas Schmiergeld hat zahlen lassen. Krauss-Maffei Wegmann bestreitet das. Der Anonymus forderte 100 000 Euro für die Vernichtung von Dokumenten. Er soll sogar Zeit und Ort für die Übergabe des Geldes genannt haben, doch niemand tauchte auf.

Der Erpresser wäre sowieso leer ausgegangen und stattdessen im Gefängnis gelandet. KMW-Chef Frank Haun hatte die Polizei eingeschaltet und Anzeige erstattet. Bei der Staatsanwaltschaft München I läuft nun ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Erpressung und weiterer Delikte. KMW ist seit Wochen zahlreichen Attacken aus dem Hinterhalt ausgesetzt, die zum Ziel haben, die geplante Fusion mit dem französischen Staatskonzern Nexter zu verhindern. So steht es in diversen E-Mails an Politiker von Union und SPD, in denen mit zum Teil nachweislich unwahren Vorwürfen kräftig Stimmung gegen die KMW-Spitze gemacht wird. Angeblich von besorgten Mitarbeitern des Unternehmens, aber auch das könnte erfunden sein. Gesellschafter von KMW, Betriebsräte und Funktionäre der IG Metall haben ebenfalls solche Schreiben bekommen.

Die E-Mails kommen von Marco G. So jemand arbeitet aber gar nicht bei KMW

Einer der Empfänger dieser unter falschen Namen verschickten E-Mails ist der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl. Er vermutet einen "Profi" hinter diesen Aktionen. "Das ist alles gesteuert, das sieht nach einer kriminellen Schmutzkampagne aus", sagt Uhl. In seinem Wahlkreis im Münchner Norden, im Stadtviertel Allach, ist KMW ansässig. Die Firma befindet sich, wie andere Rüstungsbetriebe in Deutschland auch, in einer schwierigen Lage. Die Bundeswehr kauft längst nicht mehr so viele Panzer, U-Boote oder Kampfflugzeuge wie früher.

Auch der Export fällt zunehmend schwerer; erst recht, seit SPD-Chef Sigmar Gabriel das Wirtschaftsministerium übernahm und den Waffenhandel einschränken will. Die Umsätze schrumpfen, die Zahl der Beschäftigten geht zurück, nicht nur bei KMW. Das Münchner Unternehmen, dessen Firmengeschichte bis 1838 zurückreicht, sucht nun sein Heil in einer Fusion mit Nexter.

Der französische Staatskonzern ist etwa gleich groß und die Produktpaletten beider Unternehmen weisen nicht nur bei den Panzern Überschneidungen auf. Peter Paul Gantzer, Abgeordneter der SPD im Bayerischen Landtag , Wehrexperte seiner Fraktion und ebenfalls einer der Empfänger der vielen anonymen E-Mails, hält den von KMW eingeschlagenen Weg für sinnvoll. "Wir brauchen dringend eine Europäisierung der Rüstungsindustrie", sagt er. Es nutze nichts, wenn die 28 Nato-Staaten 24 verschiedene Panzer hätten.

Das Rüstungsunternehmen KMW sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, dass beim Verkauf des Leopard 2 nach Griechenland Schmiergelder geflossen seien. (Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Doch irgendwer will das Zusammengehen von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter verhindern. Etwa ein gewisser Marko G., einer der Verfasser der Mails. Er gibt sich als Mitarbeiter der Panzerschmiede aus, die aber gar keinen Beschäftigten dieses Namens hat. In den Angriffen aus dem Dunkeln wird behauptet, die Unternehmensspitze betreibe den "Ausverkauf" des Rüstungsbetriebs. Komme es zur geplanten Fusion mit dem französischen Staatskonzern Nexter, dann werde KMW wohl "nach Frankreich verschwinden". Die Mitarbeiter bangten um ihre Arbeitsplätze. Kurz vor einer Klausurtagung der CSU in Wildbad Kreuth erhielten gleich mehrere Christsoziale derlei elektronische Post.

Nur ein Absender solcher Schreiben, ein Anwalt aus Zürich, nannte seinen richtigen Namen. Der Jurist gab an, er melde sich im Auftrag von Beschäftigten, die Repressalien befürchteten und daher anonym bleiben wollten. Einer seiner Briefe enthielt sogar persönliche Angriffe auf KMW-Chef Frank Haun, mit heftigen Unterstellungen. Diese nahm der Züricher Anwalt nach Angaben des CSU-Politikers Uhl inzwischen wieder zurück. "Das zeigt schon, was davon zu halten ist", sagt Uhl. KMW und Haun dürften die Vorwürfe aus der Schweiz aber kaum auf sich beruhen lassen. Krauss-Maffei Wegmann äußerte sich am Mittwoch zwar nicht zu diesen Vorgängen. Und ein Firmenanwalt von KMW erklärte auf Anfrage, man gebe "im laufenden Verfahren keine Stellungnahme" ab. Aus dem Umfeld des Konzerns war aber zu erfahren, dass der Schweizer Jurist damit rechnen müsse, dass Krauss-Maffei Wegmann in seinen Fall die Züricher Ermittlungsbehörden einschalte und ihn zudem verklage. Der Anwalt hatte vor allem versucht, zahlreiche KMW-Gesellschafter gegen Haun und dessen Geschäftsführer-Kollegen aufzuwiegeln. Die Anteilseigner wurden gefragt, ob sie den "Transfer von wertvollem Firmenwissen" nach Frankreich zulassen wollten. Und ob sie sich "wohl" dabei fühlten, auf ihre Gesellschafterrechte und ihren Einfluss zu verzichten.

Als auch diese Attacken nichts brachten, gingen der oder die Gegner der Fusion von KMW und Nexter sogar noch einen Schritt weiter. Kürzlich wurde Konzernchef Haun Zuhause aus dem Schlaf gerissen. Ab etwa 5 Uhr früh läutete es alle paar Minuten bei ihm an der Haustüre. Es war aber niemand da. Irgendwer hatte ein Gerät angebracht, das regelmäßig die Türklingel betätigte. Auch dieser Vorfall ist Gegenstand der umfangreichen Anzeige von Haun bei der Polizei, die zu dem Ermittlungsverfahren der Münchner Staatsanwaltschaft geführt hat. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer "Manipulation an der Klingel". Der CSU-Abgeordnete Uhl drückt das als Politiker viel drastischer aus. Das sei "Psychoterror" gewesen.

© SZ vom 29.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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