Versicherer:"Hallo, ich bin deine digitale Krankenversicherung"

  • Der Medienunternehmer Dieter von Holtzbrinck plant gemeinsam mit anderen Investoren für Anfang 2017 die erste digitale Krankenversicherung in Deutschland.
  • Kern ist eine App: Sie soll Kunden von der Arztauswahl bis zur Abrechnung unterstützen.

Von Herbert Fromme

"Hi, we're Oscar", grüßt freundlich die App des New Yorker Krankenversicherers Oscar. Kundin Joanna hat ein Problem. "Ich habe Ausschlag", vertraut sie der App an. Die App antwortet sofort. "Soll unser diensthabender Arzt anrufen?" Das ist kostenfrei. Vielleicht möchte Joanna zu einem Hautarzt, dann kostet das 100 Dollar (92 Euro) Zuzahlung. Vielleicht doch ein Hausarzt? Dann sind nur 60 Dollar fällig. Joanna entscheidet sich für den Hausarzt. Die App schlägt eine Reihe von Medizinern in der Nähe vor und kann die Terminvereinbarung übernehmen. Joanna möchte aber jetzt doch erst den diensthabenden Arzt telefonisch konsultieren und lädt vor dem Gespräch ein Foto ihres Ausschlags hoch.

Mit diesem Beispiel wirbt Oscar, der vollständig digitale Krankenversicherer. Antragstellung, Arztwahl, Patientensteuerung, all das erledigt die App. Als mögliches Zukunftsmodell wird die Gesellschaft weltweit von Krankenkassen und privaten Versicherern aufmerksam verfolgt - vor allem, seit der Internetkonzern Google im September 33 Millionen Dollar bei Oscar investiert hat.

Medienunternehmer von Holtzbrinck will ähnlichen Versicherer finanzieren

Der deutsche Investor Dieter von Holtzbrinck hat besonders genau hingesehen. Nach SZ-Informationen plant er, in Deutschland mit einem digitalen privaten Krankenversicherer nach dem Vorbild Oscar anzutreten. Möglicherweise sind andere Anleger mit von der Partie. Das Investment wird im zweistelligen Millionenbereich liegen. Ganz wie beim Vorbild soll die Kommunikation zwischen Kunden und Gesellschaft fast vollständig online ablaufen, dabei setzen die Gründer vor allem auf das Smartphone.

Der Plan: Im ersten Quartal 2017 soll die Gesellschaft in München an den Start gehen. Der neue Versicherer will sich auf die Kranken-Vollversicherung und die Pflegeversicherung konzentrieren, nicht so sehr auf die Zusatzpolicen für Zahnersatz oder Einbettzimmer im Krankenhaus.

Als Kunden kommen lediglich Besserverdiener in Betracht

Da es sich um einen privaten Krankenversicherer und nicht um eine gesetzliche Krankenkasse handelt, kommen als Kunden nur besser verdienende Angestellte, Selbständige und Beamte in Betracht. Der Unternehmensberater Roman Rittweger leitet den Aufbau und soll Vorstand werden. Über sein neues Engagement will Rittweger nicht reden, auch Investor von Holtzbrinck nicht. Rittweger hat mit der erfolgreichen Gründung der Firma Almeda gezeigt, dass er das Geschäft versteht. Almeda ist Gesundheitsdienstleister für Versicherer, Kassen und andere Firmen.

Bis zum Markteintritt in etwas mehr als einem Jahr haben die Gründer noch viele Hürden zu nehmen. Sie müssen die Finanzaufsicht Bafin davon überzeugen, dass die künftigen Vorstände geeignet sind und die Finanzplanung solide ist. Erste Gespräche hat es bereits gegeben.

Angesichts der niedrigen Zinsen ist es nicht einfach, das Unternehmen stabil aufzustellen. Anders als in den USA, muss ein privater Krankenversicherer in Deutschland Alterungsrückstellungen aufbauen, damit die Beiträge im Alter - wenn die Gesundheitskosten höher sind - nicht astronomische Höhen erreichen. Wegen der niedrigen Zinsen dürfte das gerade am Anfang nicht einfach sein und viel von den Beiträgen kosten.

Die Gründer glauben, dass sie trotzdem wettbewerbsfähig sein werden. Denn die Digitalisierung sorgt für niedrigen Aufwand beim Vertragsabschluss und günstige Verwaltungskosten. Außerdem will die Firma eine ausgefeilte digitale Risikoanalyse für die Kundengewinnung einsetzen. Gut möglich, dass die neue Gesellschaft den deutschen Markt für Krankenkassen und Versicherer digital gewaltig aufmischt.

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