Kräftiger Überschuss:Agenturen sparen Millionen bei der Vermittlung von Arbeitslosen

Agentur für Arbeit Wiesbaden

Langzeitarbeitslose haben es besonders schwer, eine Stelle zu finden.

(Foto: dpa)

Der Finanzminister darf sich freuen: 2012 hat die Bundesagentur für Arbeit 900 Millionen Euro nicht abgerufen - Geld, das nun zurück in Schäubles Kasse fließt. Eigentlich sollte damit der Wiedereinstieg von Arbeitslosen in den Beruf unterstützt werden. Kritiker bemängeln eine Zwei-Klassen-Arbeitsmarktpolitik.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Sie sind oft seit Jahren ohne Job, waren lange krank oder haben keine Berufserfahrung. Wer solche schwer vermittelbare Arbeitslose einstellt, kann Lohnkostenzuschüsse von bis zu 50 Prozent einstreichen. Doch immer weniger Jobsuchende bekommen damit eine Stelle. 2012 ergatterten so mehr als 80.000 frühere Empfänger von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) einen Job. 2011 waren es noch gut 110.000.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) muss in der sogenannten aktiven Arbeitsmarktpolitik sparen wie noch nie. Und das kann sie offenbar gut. Dies zeigt eine vorläufige Auswertung der Behörde für das vergangene Jahr, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Danach standen den für die Hartz-IV-Empfänger zuständigen Jobcentern der BA 2,6 Milliarden Euro zur Verfügung, um Langzeitarbeitslose zu fördern und zu qualifizieren. Ausgegeben wurden aber nur 2,34 Milliarden Euro. Das übrige Geld wandert in die Kasse von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zurück.

900 Millionen im Plus

Auch die Arbeitsagenturen, die die Bezieher von Arbeitslosengeld I betreuen, knauserten erfolgreich mit ihren Mitteln. Ihr Topf für die Eingliederung der Kurzzeit-arbeitslosen war 2012 mit 2,78 Milliarden Euro gefüllt, von denen 2,15 Milliarden Euro investiert wurden. Der Rest geht in die Rücklagen der BA.

Unterm Strich hat die Bundesagentur also 2012 fast 900 Millionen Euro an Mitteln für die Arbeitslosen nicht ausgegeben. Doch selbst wenn Geld floss, sparten die Vermittler kräftig, ob bei der Weiterbildung, Hilfsprogrammen für Jüngere oder den Ein-Euro-Jobs: Allein für diese machte die BA laut ihrer Statistik 446 Millionen vergangenes Jahr locker. 2011 war es noch das Doppelte. Insgesamt lagen vor zwei Jahren in den Fördertöpfen der BA 7,2 Milliarden Euro. 2012 waren es 5,4 Milliarden Euro - bei 48 Jobcentern weniger, die die Kommunen in Eigenregie übernahmen.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, wirft der Bundesregierung daher eine Zwei-Klassen-Arbeitsmarktpolitik vor, die sich auf die gut Vermittelbaren konzentriere. "Auf der Strecke bleiben Hunderttausende, denen ohne öffentlich geförderte Beschäftigung kaum zu helfen ist", sagt er. Kritisch sieht dies ebenfalls Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen: "Wenn nur noch jeder fünfte Bezieher von Arbeitslosengeld I beim Wiedereinstieg in Arbeit unterstützt wird, dann sinken die Chancen auf einen Job und der Absturz in Hartz IV droht."

Denken von gestern

Die Bundesagentur verteidigt das Sparprogramm. "Der Einsatz von Geld ist nicht der Kompass für die Qualität oder Quantität der Integrationsarbeit", sagt eine BA-Sprecherin. Viel wichtiger sei das Gespräch mit den Arbeitslosen. Es sei das Denken von gestern, "dass Geld, das in den Haushalt eingestellt ist, auch ausgegeben werden muss".

Außerdem sei der Arbeitsmarkt 2012 sehr aufnahmefähig gewesen. Betriebe seien bei der Einstellung von Erwerbslosen kompromissbereiter geworden. Dies habe zur Folge, "dass wir ohne zusätzliches Investment Arbeitslose, und auch Langzeitarbeitslose, auf dem Arbeitsmarkt integrieren können". Es sei gelungen, mit weniger Geld in etwa die gleiche Anzahl von Hartz-IV-Empfängern in Arbeit zu bringen.

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