Kosten für deutsche Steuerzahler:Hilfe für Griechenland wird auch ohne Schuldenschnitt teuer

Einen zweiten Schuldenerlass für Griechenland will die Kanzlerin unbedingt vermeiden. Die Alternative: niedrigere Zinsen und längere Laufzeiten für Kredite. Doch auch die kosten deutsche Steuerzahler viel Geld, lassen sich politisch aber besser verkaufen.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin, und Markus Zydra, Frankfurt

Gewöhnlich liebt Wolfgang Schäuble das Spiel mit Andeutungen und sibyllinischen Bemerkungen, in punkto Griechenland aber legte sich der Bundesfinanzminister schon im vergangenen Jahr ohne jedes Wenn und Aber fest: Ein zweiter Schuldenerlass kommt nicht in Frage.

Stattdessen wird in den Hauptstädten Europas nun darüber nachgedacht, den geplagten Griechen auf anderem Wege entgegenzukommen: etwa durch die Verlängerung von Tilgungsfristen von heute durchschnittlich 24 auf 50 Jahre und durch eine Zinssenkung um einen halben Prozentpunkt auf alle bereits gewährten Kredite. Klingt gut, auch für den deutschen Steuerzahler. Ist es aber nicht, wie eine Studie der DZ Bank zeigt: Auch diese Variante würde für die Bundesbürger teuer.

Insgesamt beläuft sich die Staatsschuld der Griechen auf rund 316 Milliarden Euro. 215 Milliarden davon entfallen auf die beiden Hilfspakete, die die Euro-Partner und der Internationale Währungsfonds seit 2010 zur Rettung des Landes geschnürt haben. Die deutschen Steuerzahler wiederum stehen für 55 Milliarden Euro gerade.

Es geht um einen zweistelligen Milliardenbetrag

Die DZ-Bank-Experten haben berechnet, dass Zinssenkung und Laufzeitverlängerung Griechenland über den gesamten 50-Jahres-Zeitraum einen finanziellen Vorteil von 78,2 Milliarden Euro bringen würde. Dieser Betrag entspricht einem sofortigen direkten Schuldenschnitt im Umfang von 40 Prozent. Den deutschen Steuerzahlern entstünde also ein Nachteil von bis zu 22 Milliarden Euro. Die exakte Höhe ist Auslegungssache, weil akademisch umstritten ist, wie neben den entgangenen Zinseinnahmen in dieser Barwertanalyse auch die Laufzeitverlängerung in vollem Umfang als Verlust gewertet werden darf. Ein zweistelliger Milliardenbetrag wäre es aber auf jeden Fall.

Dass die EU-Partner Griechenland nach der Europawahl werden entgegenkommen müssen, darüber ist man sich auch in Berlin im Klaren. Außer einem zweiten Schuldenschnitt will Kanzlerin Angela Merkel aber auch ein drittes Kreditpaket unbedingt vermeiden, da sie dafür die Zustimmung des Bundestags bräuchte. Zwar hat die große Koalition im Parlament eine breite Mehrheit. Gerade diese übergroße Mehrheit jedoch, so fürchtet man im Kanzleramt, könnte eine Vielzahl von Unionsabgeordneten dazu verleiten, der eigenen Führung die Gefolgschaft zu verweigern. Zwar müsste der Bundestag auch einer Laufzeitverlängerung sowie einer Zinssenkung für laufende Kredite aus dem Rettungsfonds ESM an Griechenland zustimmen. Eine solche Maßnahme ließe sich aber den Parlamentariern wie der Öffentlichkeit mutmaßlich besser "verkaufen" als ein echter Schuldenschnitt.

Die Euro-Partner hatten Griechenland schon im November 2012 für 2014 weitere Hilfen in Aussicht gestellt. Voraussetzung war, dass es Athen 2013 gelingt, unter Herausrechnung von Zins- und Tilgungszahlungen erstmals seit vielen Jahren wieder mit dem Geld auszukommen, dass über Steuern und Abgaben hereinkommt. Tatsächlich schaffte es die Regierung, einen sogenannten Primärüberschuss im Haushalt zu erzielen. Entsprechend deutlich fordert sie nun ein, dass auch die Partnerstaaten ihre seinerzeit gegebenen Zusagen einhalten.

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