Kosten der Zinsmanipulation:Libor-Skandal könnte richtig teuer werden

Der Skandal um die Manipulationen des Referenzzinssatzes trieb bislang nur eingefleischten Bankern Schauer über den Rücken. Doch Analysten von Morgan Stanley haben mal nachgerechnet: Das Haftungsrisiko der Banken ist enorm. Und besonders teuer könnte es für die Deutsche Bank werden.

Natürlich gab es schon Spekulationen, dass die Manipulation des wichtigen Referenzzinssatzes Libor für die beteiligten Banken teuer werden könnte. Nun gibt es aber erstmals konkrete Anhaltspunkte, welche Summen auf die beteiligten Institute zukommen könnten: Analysten der US-Bank Morgan Stanley schätzen das Haftungsrisiko für die Banken auf 6,2 Milliarden Dollar.

Richtig teuer könnte es vor allem für die Deutsche Bank werden: Morgan Stanley geht von Gesamtkosten von mehr als einer Milliarde Dollar aus, die 2013 und 2014 auf das Institut zukommen könnten, meldet Bloomberg.

Die Berechnungen basieren auf einem Gesamtschaden für die Weltwirtschaft von mehr als 17 Milliarden Dollar (14 Milliarden Euro). Die Analysten legen die bisherige Quote erfolgreicher Schadensersatzprozesse seit der Finanzkrise (36 Prozent) zugrunde und leiten daraus die Risiken für die Banken im aktuellen Fall ab. Dabei gehen sie davon aus, dass der Libor über vier Jahre jeden Tag um 0,01 Prozentpunkte nach unten manipuliert wurde. Wie groß die Verschiebungen tatsächlich waren, ist kaum nachzuvollziehen.

Libor - Basis für unzählige Finanzgeschäfte

Der Libor wird täglich ermittelt und basiert auf den Angaben von bis zu 18 internationalen Banken, die Auskunft über den aktuellen Zinssatz geben, zu dem sie sich bei anderen Instituten Geld leihen können. Den Banken wird vorgeworfen, den wichtigen Zinssatz zwischen 2005 und 2009 nach unten manipuliert zu haben, um eigene Kosten zu senken. Aufsichtsbehörden in Großbritannien und den USA ermitteln gegen zahlreiche Banken, darunter eben auch die Deutsche Bank.

Der Libor dient als Referenz für weltweite Finanzgeschäfte im Wert von 360 Billionen Dollar. Er beeinflusst damit nicht nur die Konditionen, zu denen Unternehmen Kredite erhalten - der Zins bestimmt auch, wie viel Geld Anleger erhalten. Neben den Schadensersatzforderungen von Investoren und Banken (in den USA läuft bereits eine Sammelklage) droht den Instituten, die an den Manipulationen beteiligt waren, auch ein Bußgeld durch die Aufsichtsbehörden. Die Analysten von Morgan Stanley prognostizieren Strafen zwischen 460 und 850 Millionen Dollar.

Die Schätzungen basieren auf dem Bußgeld gegen die britische Großbank Barclays. Das Institut musste die Rekordstrafe von 360 Millionen Euro zahlen, Bankchef Bob Diamond und Verwaltungsratchef Marcus Agius sind bereits zurückgetreten. Als Nächstes wird es wohl die Schweizer Bank UBS treffen. Für sie haben die Analysten eine Strafe von 254 Millionen Dollar errechnet. Diese falle vergleichsweise gering aus, weil die Schweizer die Fehler früh eingestanden und mit den Behörden zusammengearbeitet hätten.

Aufsicht in der Kritik, New Yorker Fed verteidigt sich

Die enorme Dimension des Skandals lässt auch die Aufsicht in einem schlechten Licht erscheinen. Deswegen geht nun die Notenbank von New York in die Offensive. Die Aufsicht der Wall-Street-Banken sagt, sie habe auf erste Zweifel an der Festsetzung des Interbanken-Zinssatzes vor vier Jahren sofort reagiert, melden New York Times und Wall Street Journal. Damals führte der jetzige US-Finanzminister Timothy Geithner die Notenbank. Man habe auf Probleme bei der Festlegung der für viele Kreditgeschäfte wichtigen Rate hingewiesen und auf Reformen bestanden, so ein Sprecher der New Yorker Fed. "Im Frühjahr 2008 haben wir unsere Analysen und Vorschläge für eine Libor-Reform den relevanten Behörden in Großbritannien zukommen lassen", sagte er.

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