Kosmetikkonzern Avon:Eine Schönheit ziert sich

Perfekt frisiert und geschminkt, in der Hand den großen schwarzen Koffer mit den Kosmetikprodukten: Derart verführerisch preisen die Avon-Verkäufer Lippenstift, Wimperntusche und Seife im Wohnzimmer der Kunden an. Doch das Konzept ist veraltet, der Konzern kränkelt - und lehnt ein gutes Angebot ab.

Hannah Wilhelm

Es klingelt an der Tür: "Hallo, hallo. Hier ist Ihre Avon-Beraterin!", spricht die perfekt frisierte und geschminkte Dame lächelnd. Das Kostüm sitzt. In der Hand natürlich: den großen schwarzen Koffer, in dem die neuesten Kosmetik-Produkte des Unternehmens verführerisch verpackt sind. Lippenstift neben Cremetiegel, Wimperntusche neben Seife. Und auch mal feine Wäsche. Nicht zu vergessen: die kostenlosen Proben.

Der Direktvertrieb hat Avon groß und bekannt gemacht. Das war und ist das Markenzeichen des Unternehmens: dass die adretten Avon-Beraterinnen im eigenen Wohnzimmer beraten, plaudern, plauschen und - verkaufen immer noch. Weit mehr als sechs Millionen Damen und Herren sind weltweit unterwegs.

Doch derzeit läuft es nicht so gut für das 126 Jahre alte amerikanische Unternehmen. Im Geschäftsjahr 2011 stiegen die Erlöse zwar noch - um vier Prozent auf gut elf Milliarden Dollar, aber der Nettogewinn sank um 15 Prozent auf gut eine halbe Milliarde Dollar. Andrea Jung, seit zwölf Jahren Chefin des Kosmetikkonzerns, hat das Glück verlassen.

Diese Schwäche will nun der Konkurrent Coty für sich nutzen. Er bietet für das angeschlagene Unternehmen zehn Milliarden Dollar. Coty ist nach eigenem Bekunden bereit, 23,25 Dollar je Avon-Aktie zu zahlen. Das sind gut 20 bis 25 Prozent mehr als der Kurs derzeit meist notiert. Das neue Unternehmen soll nach Informationen der New York Times dann "Avon-Coty" heißen. Avon lehnt die Avancen aber ab. Es sei opportunistisch und spiegele den fundamentalen Wert des Konzerns nicht wider. Das Management sei überzeugt, dass es Avon mit einem neuen Chef allein schaffen werde.

Ja, Avon kränkelt. Zwar ist der schwarze Koffer mittlerweile einer modisch schicken Umhängetasche gewichen, das Kostümchen ist auch nicht mehr Pflicht, und seit einigen Jahren wirbt die Marke nun sogar auch mal mit Prominenten. Aber irgendwie ist's doch nicht modern genug, das Geschäftsmodell erscheint überholt: Der Direktvertrieb, einst so beliebt, läuft in den USA nicht mehr richtig. Die Konsumenten halten sich zurück. Und in den Ländern, wo die Avon-Beraterin noch gerne gesehen ist, lohnt sich das Geschäft wegen ungünstiger Wechselkurse nicht. Ratingagenturen hatten Avon herabgestuft - hinzu kam dann auch noch ein Skandal, denn die US-Börsenaufsicht SEC ermittelt in Zusammenhang mit Bestechungsvorwürfen. Avon soll Millionen gezahlt haben, um in China ins Geschäft zu kommen. All das setzt der alteingesessenen Firma zu.

Coty, der Konkurrent, sitzt ebenfalls in New York und hat auch schon gut 100 Jahre hinter sich. Die Firma gehört - genauso wie ein Aktienpaket am Reinigungskonzern Reckitt Benckiser - zum Imperium des deutschen Milliardärclans Reimann. In den vergangenen Jahren hat Coty mehrere Kosmetikfirmen übernommen. Die Firma macht ihr Geld mit Parfums für die breite Masse und großen Namen: So vertreibt es die Dürfte von Stars wie Celine Dion, Antonio Banderas, Beyoncé und Lady Gaga.

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