Korruptionsverdacht:Der Finanzaufseher und das Luxusleben

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Wie es einem Referatsleiter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) gelang, in seiner Behörde Millionenbeträge zu ergaunern.

Gerhard Hennemann

Wenn ausgerechnet ein Beamter einer Aufsichtsbehörde, die Bankkunden, Versicherte und Anleger vor schwarzen Schafen in der Finanzbranche schützen soll, unter Korruptionsverdacht gerät, dann steht dieser Behörde normalerweise eine schwere Vertrauenskrise ins Haus.

Eine heikle Angelegenheit: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Beamten der Finanzaufsicht. (Foto: Foto: dpa)

Die in Bonn und Frankfurt ansässige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat noch einmal Glück gehabt. Der bei ihr aufgedeckte Korruptionsskandal ist zwar kein kleiner Fisch, aber auch kein Vorgang, der das feinnervige Kontrollsystem der Bafin im Inneren berührt.

Seilschaft zweier Gauner

Was der Bonner Oberstaatsanwalt Fred Apostel am Mittwoch zu den Vorgängen bei der Bafin berichtete, war vielmehr die Geschichte einer Seilschaft zweier Gauner, von denen einer in seiner Eigenschaft als Gruppen- und Referatsleiter über erkleckliche Haushaltsgelder für die Beschaffung von IT-Software verfügen konnte.

Der Zweite im Bunde, Inhaber einer Consultingfirma in Brandenburg, nutzte diese Möglichkeit, indem er über eine extra zu diesem Zweck gegründete Zweitfirma jahrelang Scheinrechnungen über Software-Lieferungen an die Bafin ausstellte, die dann von dem Gruppenleiter zur Anweisung freigegeben wurden.

Ein Anschein von Vier-Augen-Prinzip

Eine noch nicht ganz geklärte Rolle spielte dabei eine weisungsabhängige Mitarbeiterin, die die Scheinrechnungen zusätzlich prüfte und damit den Anschein des Vier-Augen-Prinzips erweckte. Sie sei aber ganz offenbar keine treibende Kraft in diesem Zusammenhang gewesen, sondern habe lediglich die Anweisungen ihres Vorgesetzten ausgeführt, betonte Apostel.

Seit dem Osterwochenende sitzen nun beide Beschuldigte hinter Gittern, nachdem die Bonner Staatsanwaltschaft entsprechenden Hinweisen von Bafin-Präsident Jochen Sanio nachgegangen war.

Während der Unternehmer schon am Freitag in seinem Wohnhaus festgenommen wurde, schnappte bei dem Beamten die Falle am Ostersonntag auf dem Frankfurter Flughafen zu, als er dort nach einem Afrika-Urlaub gelandet war.

Mindestens 2,6 Millionen Euro Schaden

Über den voraussichtlichen Schaden, den das Gauner-Duo zwischen Herbst 2003 und Frühjahr 2006 angerichtet hat, wollte Apostel noch keine verbindlichen Angaben machen. Nach bisherigen Erkenntnissen seien jedoch mindestens 2,6 Millionen Euro und alles ordnungsgemäß vom Geldgeber versteuert in die Taschen des Bafin-Mannes geflossen. Der geringste Teil davon in Form von Bargeld, der weitaus größere durch Sachleistungen wie Immobilien und kostspielige Autos.

Allein in Berlin habe der Beamte für seine Dienste eine 350 Quadratmeter große Luxuswohnung in bester Lage erhalten. Erst wenn der vermutlich größte Teil dieses illegal erworbenen Vermögens sichergestellt worden sei, könne der endgültige Schaden näher beziffert werden, sagte Apostel.

Der hauptbeschuldigte Bafin-Beamte habe offensichtlich über Jahre ein Doppelleben geführt, von dem nach bisherigen Erkenntnissen nicht einmal seine Frau etwas gewusst habe. Innerhalb der Behörde war der Mann aber doch im Laufe der Zeit durch seinen luxuriösen Lebensstil aufgefallen.

Niemals angekommen

Parallel dazu hatte der Bundesrechnungshof die Millionenbeträge, die die Aufsichtsbehörde für Software-Käufe im Laufe der letzten Jahre ausgegeben hatte, unter die Lupe genommen und war dabei auf die Tatsache gestoßen, dass ein größerer Teil der berechneten Software-Lieferungen weder jemals bei der Bafin ankam noch von dieser überhaupt benötigt wurde.

Von Journalisten befragt, ob dieser Vorfall die Zuverlässigkeit der Bafin in ein schlechtes Licht rücke, antworte Apostel mit Nein. Bei eng abgegrenzten Etatzuständigkeiten könne dies sowohl in Unternehmen als auch in Behörden relativ leicht passieren, zumal wenn es dem Täter auch noch gelinge, das Vier-Augen-Prinzip irgendwie zu simulieren.

© SZ vom 19.04.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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