Korruptionsaffäre um den Eurofighter:Schlossherr und Strippenzieher

Trial of weapons lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly in Vienna

Rüstungslobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly Ende 2012 vor Gericht in Wien. Das Ergebnis: weitgehend Freispruch.

(Foto: Hans Klaus Techt/dpa)
  • Im Fall Eurofighter geht es um den Verdacht, dass der Konzern EADS beim Verkauf von Kampfflugzeugen nach Österreich kräftig geschmiert hat.
  • Nun führt eine Spur der Ermittlungen zu Alfons Mensdorff-Pouilly. Er gilt als einflussreichster Lobbyist in Österreich, vermittelt Rüstungsdeals und Staatsaufträge.
  • Mensdorff-Pouilly sagt, er habe niemanden bestochen.

Von Klaus Ott

Er liebt den großen Auftritt. In Tracht, mit Lederhose, vor seinem Schloss Luising im Burgenland, im Osten Österreichs. In seiner Loge beim Ball in der Wiener Hofburg, umringt von Prominenz. Bei seinen Jagdgesellschaften, bei denen die Spitzen der Republik auf die Pirsch gehen. Alfons Mensdorff-Pouilly, 61, ein Mann von adeliger Abstammung und hohem Unterhaltungswert, weiß seine Gäste für sich einzunehmen.

Ein Vizekanzler soll mal über die Idylle in Luising mit den Worten geschwärmt haben, wenn er morgens aufwache, "gehen die Störche vor meinem Fenster spazieren". Der Landadelige, wie Mensdorff-Pouilly in Österreich genannt wird, gilt als der einflussreichste und schillerndste Lobbyist der Republik. Er vermittelt Kontakte und Geschäfte. Rüstungs-Deals, Staatsaufträge und anderes mehr.

Alles sehr lukrativ. Und manchmal ein Fall für die Justiz. Derzeit steht der Strippenzieher in einer Affäre um die österreichische Telekom wegen Beihilfe zur Untreue vor Gericht, er weist den Vorwurf zurück. Es ist sein zweiter, großer Prozess. Und dann gibt es da noch die Causa Eurofighter, in der Staatsanwälte in München und Wien wegen des Verdachts ermitteln, der europäische Rüstungs- und Luftfahrtkonzern EADS (heute Airbus) habe beim Verkauf von 15 Kampfflugzeugen für 1,6 Milliarden Euro nach Österreich kräftig geschmiert.

Eine erste Spur, die über die Karibik nach Österreich führt

Mensdorff-Pouilly zählt nicht zu den 16 Beschuldigten, aber seine Geschäfte werden gründlich durchleuchtet. 90 Millionen Euro, die EADS für Vermittlerdienste beim Eurofighter verteilen ließ, sind in dunklen Kanälen versickert. Vor allem in sogenannten Steueroasen. Wo das viele Geld geblieben ist, weiß bisher keiner. Außer denen natürlich, bei denen es am Ende einer langen, schier undurchschaubaren Zahlungskette angekommen ist.

So läuft das erfahrungsgemäß bei großen Korruptions-Deals. War das auch beim Eurofighter so? Bei den verschwundenen EADS-Mitteln ist, nach Erkenntnissen der österreichischen Justiz, nun zumindest über den Verbleib von zwei Millionen Euro etwas mehr bekannt. Eine erste Spur, eine wenigstens, die über die Karibik nach Österreich führt. Das Geld landete bei einer Firma, für die Mensdorff-Pouilly als Treuhänder agierte.

Der Lobbyist will mit dem Eurofighter nie etwas zu tun gehabt haben. Doch diese zwei Millionen Euro hätten "nachweislich vom EADS-Konzern" gestammt, steht nach Recherchen des österreichischen Magazins News in einem öffentlich noch nicht bekannten Beschluss des Landesgerichts Wien vom Oktober 2014. Das Gericht hatte verfügt, dass im Fall Eurofighter viele bei verdächtigen Firmen und Personen beschlagnahmte Unterlagen auch ausgewertet werden dürfen. Der Beschluss und weitere Unterlagen liegen auch der Süddeutschen Zeitung  vor.

"Die Sache stinkt, aber sie stinkt nicht genug"

Wie das Geld vom EADS-Stammsitz in München über viele Umwege nach Österreich kam und was Lobbyist Mensdorff-Pouilly damit angeblich machen ließ, das ist alles sehr merkwürdig. Noch dazu, da in alten Notizen seiner Beraterfirma MPA aus dem Jahr 2003 von "aggressiven Zahlungen von Erfolgsprämien an wichtige Entscheidungsträger" die Rede ist. In der Notiz heißt es weiter, dies habe damals zum Zuschlag für den Eurofighter geführt, mit dem sich EADS gegen heftige Konkurrenz durchgesetzt hatte. Die Bemerkung mit den "aggressiven Zahlungen" sei ein "kleines Durcheinander" gewesen, sagte Mensdorff-Pouilly vor zweieinhalb Jahren in seinem ersten großen Prozess, als er wegen Geldwäsche angeklagt war.

Der Lobbyist soll Millionenbeträge des Eurofighter-Partners BAE aus Großbritannien verteilt haben. An wen und für welchen Zweck, das fand die Justiz nicht heraus. "Die Sache stinkt, aber sie stinkt nicht genug", sagte das Gericht. Der prominente Angeklagte wurde freigesprochen, bis auf ein kleineres Delikt der Beweismittelfälschung.

Das Protokoll ist voller Sätze wie: Das wisse er nicht, das kenne er nicht

Eurofighter

Fast 1,6 Milliarden Euro teuer waren die 15 Eurofighter. Die Folgekosten schätzte der Rechnungshof in Wien 2013 auf eine weitere Milliarde Euro.

(Foto: Bernd Wüstneck/dpa)

Nun hat die Justiz neue Erkenntnisse, die damals noch nicht vorlagen. Dazu hat das Bundeskriminalamt in Wien Mensdorff-Pouilly im November 2014 ausgiebig als Zeugen befragt. Es war eine kuriose Vernehmung. Bei seinen Geschäften, bei den Bällen in der Hofburg, bei seinen Jagdpartien strahlt der hochgewachsene, mit der ehemaligen Umweltministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) verheiratete Lebemann sein ganzes Ego aus. Ich bin wer, ich bin wichtig. Die Ermittler erlebten einen ganz anderen Menschen. 38 Mal antwortete Mensdorff-Pouilly laut Vernehmungsprotokoll auf konkrete Fragen, das wisse er nicht, das kenne er nicht, das sei ihm nicht erinnerlich, dieser und jener sei ihm nicht bekannt, und so weiter. Mensdorff-Pouilly klang wie jemand, der keine Kontakte, keinen Einfluss hat. Doch warum sollte so jemand in fremdem Auftrag Millionenbeträge verwalten und verteilen?

Die Kriminaler haben folgende Zahlungskette herausgefunden: EADS hatte eine Firma namens Vektor engagiert. Die sollte beim Eurofighter-Verkauf nach Österreich sogenannte Gegengeschäfte für die dortige Industrie und Wirtschaft vermitteln. Die Gegengeschäfte waren eine Bedingung der Regierung in Wien gewesen. Doch Vektor, eine Firma mit einem Geschäftsführer aus Rom, vermittelte offenbar gar nichts. Sondern kassierte bloß und reichte die EADS-Mittel vor allem an Gesellschaften in Steueroasen weiter. Etwa an Columbus, ansässig auf der Isle of Man. Columbus wiederum überwies im März 2006 zwei Millionen Euro an die Firma Brodmann aus der Karibik, für die Mensdorff-Pouilly als Treuhänder agierte.

Er habe niemanden bestochen

Das Geld ging auf ein Brodmann-Konto in Wien. Von dort wurden, im April 2006, 300 000 Euro an eine Firma von Mensdorff-Pouilly in Budapest transferiert. Zwei Mitarbeiter des Lobbyisten hoben außerdem Justizerkenntnissen zufolge von April bis Juli 2006 nach und nach 1,7 Millionen Euro in bar von dem Brodmann-Konto ab und händigten es ihrem Chef aus. Den Kriminalbeamten erzählte Mensdorff-Pouilly bei seiner Zeugenvernehmung, das Brodmann-Geld, die zwei Millionen Euro also, seien von einem britischen Geschäftsmann gekommen. Auf dessen Anordnungen hin habe er, Mensdorff-Pouilly, "die Gelder verwendet". Der Lobbyist verwies auf einen Vertrag über die Sicherung der Grenzen von Ungarn und Tschechien. Es sei unter anderem um die Anschaffung von Drohnen gegangen. Bargeld für den Drohnen-Kauf? Oder wurden alte Schmiergeldzusagen im Fall Eurofighter erfüllt?

Den angeblichen Geldgeber, den britischen Geschäftsmann, können die Ermittler nicht mehr befragen. Der ist bereits 2007 gestorben. Für die Justiz ist ohnehin klar: Die zwei Millionen Euro kamen nicht von dem Briten, sondern von EADS. Doch Mensdorff-Pouilly beharrte bei seiner Vernehmung auf seiner Version, er habe mit der Beschaffung der Eurofighter "in keinster Weise" zu tun gehabt. Er habe lediglich für eine Firma aus dem Umfeld von EADS, die bei dem Eurofighter-Deal eine zentrale Rolle spielte, Jagden im Burgenland und in Schottland veranstaltet. Außerdem hätten zwei Geschäftsleute, die beim Eurofighter ebenfalls wichtig waren, bei ihm die Jagdprüfung absolviert. Mehr aber nicht. Ein Anwalt von Mensdorff-Pouilly versicherte auf SZ-Anfrage, sein Mandant habe niemanden bestochen. Ansonsten wolle man die Ermittlungsergebnisse abwarten. Auch Airbus, wie EADS heute heißt, wartet "mit Interesse" auf diese Resultate.

Bis die vorliegen, wird es noch dauern. Die Staatsanwälte in München und Wien gehen weiteren Spuren nach, in vielen Ländern. Das ist mühsam, aber genau so war man auch auf den Schlossherrn gestoßen.

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