Korruptions-Affäre:Ex-Siemens-Vorstand: Ich war ahnungslos

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Staatsanwälte haben ihn scharf im Visier - doch der frühere Siemens-Finanzvorstand Neubürger beharrt darauf: Er habe nichts von schwarzen Kassen gewusst.

Klaus Ott

In diesen Tagen hat es Heinz-Joachim Neubürger offenbar die Sprache verschlagen. Der frühere Finanzvorstand von Siemens will wohl lieber abwarten, was dieses Mal vorliegt, nachdem nun bereits das zweite Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat sein Haus durchsuchen lassen, um Belege für eine Verwicklung in die Affäre um die Arbeitnehmerorganisation AUB zu finden. Die war von Siemens heimlich mit mehr als 50 Millionen Euro gesponsert worden, als Kampftruppe gegen die IG Metall.

Die Strafverfolger verdächtigen Neubürger offenbar, daran beteiligt gewesen zu sein oder zumindest Bescheid gewusst zu haben, sonst würden sie ihn kaum als Beschuldigten betrachten.

Der ehemalige Siemens-Manager, der vor wenigen Jahren sogar als Kandidat für den Vorstandsvorsitz gehandelt worden war, äußert sich dazu nicht. Das bislang letzte Mal hat er vor ein paar Wochen Stellung bezogen, als neue Details aus dem ersten, schon vor knapp neun Monaten gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren bekannt wurden.

Die Staatsanwaltschaft München betrachtet ihn als mitverantwortlich für den Skandal um schwarze Kassen und Schmiergeldzahlungen. Ende Juli aufgetauchte Dokumente belegen, dass Neubürger schon Anfang vergangenen Jahres detaillierte Hinweise auf merkwürdige Geldtransfers in der Schweiz in Höhe von 37 Millionen Euro erhalten hatte, lange bevor die Staatsanwaltschaft zuschlug.

Ausscheiden aus "rein persönlichen Gründen"

Die SZ wollte daraufhin von ihm wissen, ob er Siemens im Frühjahr 2006 vor Ablauf seines Vertrags verlassen hatte, um nicht in einen kurz bevorstehenden Skandal hineingezogen zu werden.

Doch Neubürger beharrte auf seiner bisherigen Darstellung, er sei damals aus "rein persönlichen Gründen'' ausgeschieden. Zum Zeitpunkt seiner Entscheidung, bei Siemens auszusteigen, sei das Ausmaß dieses Falles für ihn überhaupt nicht erkennbar gewesen.

Ein anderer Vorstand hatte mit den Papieren über merkwürdige Vorgänge in der Schweiz, die Anfang 2006 bei Siemens einigen Top-Managern vorgelegt wurden, mehr anfangen können. Der seinerzeitige Vorstand Thomas Ganswindt sagte der Staatsanwaltschaft, er sei "entsetzt'' gewesen.

Ihm sei klar gewesen, dass irgendwann alles nach Deutschland schwappen musste. Auch Ganswindt verließ Siemens, bevor das System der schwarzen Kassen ruchbar wurde; auch gegen ihn wird ermittelt.

Neubürger, der seit 1988 Finanzchef bei Siemens war, weist die Verantwortung für diesen Skandal von sich. Es sei die Aufgabe der für die Korruptionsbekämpfung zuständigen Abteilung gewesen, Hinweisen wie denen aus der Schweiz nachzugehen.

Neubürger war freilich schon im Herbst 2003 vom damaligen Justitiar und späteren Anti-Korruptionsbeauftragten Albert Schäfer auf mögliche Vergehen in Nigeria aufmerksam gemacht worden. Offenbar geschah nichts.

Schäfer sagte dazu vor einigen Monaten der SZ, er habe darauf vertrauen müssen, dass die erforderlichen Maßnahmen durch die "letztzuständigen Stellen'' umgesetzt würden. Das sei, unter anderem, der Finanzvorstand gewesen.

© SZ vom 19.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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