Konzession:Springer bietet Verkauf von 30 Magazinen an

Im Tauziehen um die geplante Übernahme des Fernsehsenders ProSieben ist Springer-Chef Mathias Döpfner zu schmerzhaften Zugeständnissen bereit: Er bot den Kartellwächtern an, sich von sämtlichen TV- und Familienmagazinen des Verlages zu trennen.

Hans-Jürgen Jakobs und Claudia Tieschky

In einem Brief an das Bundeskartellamt erklärte sich der Pressekonzern am Mittwoch bereit, sich von 30 Zeitschriften zu trennen.

Konzession: Dieses Mal kann er nicht unbedingt einen Sieg erwarten: Springer-Chef Mathias Döpfner.

Dieses Mal kann er nicht unbedingt einen Sieg erwarten: Springer-Chef Mathias Döpfner.

(Foto: Foto: dpa)

Allein die Fernseh-Titel wie HörZu haben zusammen eine Auflage von 3,5 Millionen Exemplaren und fast zehn Millionen Leser. Auf der Verkaufsliste stehen auch der Internet-Buchhandel buecher.de sowie Anteile an drei lokalen TV-Stationen in Hamburg und an sechs privaten Radiosendern wie der Antenne Bayern.

Zeitungsleser könnten glauben, das Land sei in Gefahr

Das Gerangel um die Übernahme von Deutschlands größtem Senderverbund durch den größten Zeitungsverlag des Landes erfährt damit eine weitere Dramatisierung: Wer in diesen Tagen in manchen Zeitungen blättert und Texte von Nachrichtenagenturen liest, könnte glauben, Deutschland sei in Gefahr.

Grund soll sein, dass die pflichtbewussten Kartell- und Medienwächter sich gegen einen einzigartigen Durchmarsch wenden, gegen eine erschreckende Bündelung von Zeitungen, Zeitschriften, Online-Angeboten und Fernsehsendern - eben gegen die Übernahme des Münchner TV-Riesen durch Springer.

Bild, BamS und Glotze, die einstige Lieblingskonstellation des Altkanzlers Gerhard Schröder, würde so zum alltäglichen Dreibund im Kampf um Themen, Meinungen und Nachrichten.

Drohung mit Auslandsinvestitionen

Wenn Springer es nicht tut, tut es ein anderer aus dem Ausland, warnt Verlagsvorstandschef Mathias Döpfner, dann käme eine "internationale Lösung" - gleichzeitig kündigt er selbst an, im Falle einer Ablehnung durch das Bundeskartellamt und die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) den Weg "forcierter Investitionen im Ausland" zu beschreiten.

Springer verlegt bereits in Ländern wie Polen, Ungarn oder Russland Zeitschriften, ja das Berliner Medienhaus bewarb sich einst um die große konservative englische Zeitung Daily Telegraph, ohne dass dies in den jeweiligen Ländern als eine Art nationale Katastrophe dargestellt worden wäre. Der internationale Wettbewerb, eine Standardvokabel in den Essentials überzeugter Marktwirtschaftler, gilt eben für alle.

Warum also muss ein einzelner Verlag, der mit der Bild-Zeitung täglich Grenzen auslotet, der bei einer Geisel fragt, ob sie geköpft wird oder in Großaufmachung die schwere Krebskrankheit eines Rudi Carrell begleitet, warum also muss Springer gleich fünf Fernsehsender auf einmal kaufen? Genügen nicht vielleicht auch drei oder vier?

"Die sind viel größer als wir"

Ja, die Bertelsmänner!, hört man da Döpfner predigen, die sind viel größer als wir und dürfen auch den Stern und die RTL-Senderfamilie haben, ohne dass die Markt- und Meinungsschützer eingreifen.

Und doch liegt hier ein Kardinalfehler in der Argumentation, da der Springer-Chef selbst darauf verweist, dass Bertelsmann 70 Prozent des Umsatzes im Ausland macht; hier zu Lande ist der Konkurrent nicht wesentlich größer, was sich nach einer Fusion von Bild und ProSiebenSat1 ändern würde. Bertelsmann nähme eine solche Entwicklung dann halt zum Anlass, aus Gründen der Wohlfahrt eigene Zukäufe zu fordern.

Springer bietet Verkauf von 30 Magazinen an

Nein, die verquere Logik dieses Immer-Mehr, die den gesetzlichen Rahmen verkleinern möchte, gleichsam aufs Schrumpfformat einer Tabloid-Zeitung, ist nicht der Ausbund maximaler Weisheit. Es muss auch Personen geben, die auf Gefahren und Grenzen der Meinungsmacht hinweisen, und nach Stand der Dinge sitzen die zum Beispiel bei der Fachkommission KEK, der Springer jetzt neue Vorschläge macht, wie eine Fusion mit einigen Begleitmaßnahmen abzusichern sei.

Es geht um einen TV-Beirat für einen Sender wie Sat1, und leider scheinen sich die sechs KEK-Mitglieder und die Verlagsvertreter in den bisherigen Gesprächen darüber gründlich missverstanden zu haben. Ein solcher Beirat müsse die wirtschaftliche Kontrolle, vulgo: Budgethoheit, haben, schrieb die KEK zuletzt und bezeichnete zur Klärung der Verhältnisse ihre Eckpunkte als nicht mehr verhandelbar, was Springer so nicht hinnimmt.

"Verliere, wenn Du musst, aber kapituliere nie"

"Siege, wenn du kannst, verliere, wenn du musst, aber kapituliere nie!" , hat Döpfner als Motto in der Frankfurter Allgemeinen ausgegeben. So verpflichtet er sich nun, kein "Bild-TV" auszustrahlen und nicht gemeinsam Werbeaufträge für Elektronik und Presse zu akquirieren. Nun bietet er also auch noch den Verkauf von 30 Zeitschriftentiteln an - von Hörzu bis TVDigital, von Funkuhr bis Maxim. Er will verlieren, weil er muss, und kann doch nicht wirklich den Sieg erwarten.

Denn für die KEK wäre ein Zurückrudern fatal - Zugeständnisse kämen einer Selbstentmachtung gleich. Die Sechs aus Potsdam müssen ohnehin immer wieder ihre Autorität gegen Widerstände behaupten.

Einst wurden sie von den Ländern gerade dafür eingesetzt, um Ausgewogenheit jenseits von Standortinteressen zu garantieren, nun scheint das Standortinteresse Gebot der Stunde - dafür betont Springer-Chef Döpfner sogar bereitwillig, Bild sei kein Leitmedium, obwohl sein Chefredakteur seit Jahren genau das Gegenteil sagt.

Schwächstes Glied in der Kette

Die KEK aber ist mit dem Kartellamt Prüfinstanz für den Mega-Deal - und das schwächste Glied in der Kette. An ihr wird heftig gezerrt. Gerne wird derzeit der Eindruck erweckt, es handle sich um eine Runde weltfremder Phantasten, um Bremsklötze der so wunderschön aufbruchsbewegten Springerschen Deutschland AG.

Schon wurde gemeldet, die Landesmedienanstalten planten ohnehin, die lästige KEK abzuschaffen - was sich wie eine prompte Strafaktion gegen die Verhinderer einer "nationalen Lösung" las, erwies sich als altes Thesenpapier zur langfristigen Strukturreform der Medienaufsicht, bei der die KEK übrigens auch gewinnen könnte.

Bei Springer hoffen sie auf den Kreis der 15 Landesmedienanstalten, von denen eine Dreiviertelmehrheit einen negativen KEK-Beschluss überstimmen könnte.

Signale aus den Ländern

Tatsächlich gibt es Signale aus bis zu fünf Ländern, dass man nicht einfach mehr Meinungsmacht bei Springer erlauben will.

Auch die Hoffnung, die SPD könne sich dafür erwärmen, trügt. Wichtige Parteigrößen wie Franz Müntefering, Matthias Platzeck oder Peer Steinbrück gelten nicht als Freunde einer deutschen Großlösung. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, der vor einer Landtagswahl steht und sich für einen TV-Beirat bei der Pro-Sieben-Gruppe stark gemacht hat, scheint derzeit eher in einer Minderheitsposition zu sein.

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