Konzern-Umbau:Lufthansa will Sparkurs durchsetzen

Lufthansa - Karl Ulrich Garnadt

Lufthansa-Passagiervorstand Karl Ulrich Garnadt.

(Foto: dpa)

Karl-Ulrich Garnadt, Chef der Lufthansa-Passagiersparte, macht klar: Er wird im Streit mit den Gewerkschaften nicht einknicken. Einsparungen seien nötig - sonst habe die Fluggesellschaft langfristig keine Chance.

Von Jens Flottau

An diesem Donnerstag hat Karl-Ulrich Garnadt zur Abwechslung mal wieder einen angenehmen Termin. Er darf am Vormittag in eine nagelneue Boeing 747-8 steigen und bei einem Rundflug über Deutschland die neue Luxusklasse präsentieren. Die bequemeren Sitze mit mehr Abstand, die zwischen der Economy und der Business Class eingebaut werden, kommen anscheinend gut an. "Die Vorausbuchungen laufen sehr gut, wir liegen deutlich über den Erwartungen," so der Chef der Lufthansa-Passagiersparte.

Doch Garnadt muss nicht nur seine Flugzeuge umbauen, sondern die ganze Fluggesellschaft - gegen den erbitterten Widerstand der Piloten. Gemeinsam mit Konzernchef Carsten Spohr hat er ein Programm aufgelegt, das das Unternehmen deutlich verändern wird: Billigsparten für den Europa- und Langstreckenverkehr, effizientere Strukturen im Kerngeschäft. "Am Standort Frankfurt haben wir Strukturen, die bis zu 20 Prozent zu teuer sind. Diese Lücke zum Markt müssen wir schließen. Auf der Kurzstrecke im direkten Wettbewerb mit Easyjet oder Vueling geht es in der Kombination aller Elemente um mehr als 30 Prozent", so Garnadt.

In ihrer heutigen Form habe Lufthansa langfristig keine Chance

Am schwierigsten umzusetzen ist der Umbau des klassischen Geschäfts, das sich auf die Drehkreuze in Frankfurt und München konzentriert. Und Garnadt warnt, dass Lufthansa in ihrer heutigen Form langfristig keine Chance mehr hat. "Man sieht ja, dass die Lufthansa in den letzten Jahren schon beispielsweise nach Asien oder in Teilen des europäischen Verkehrs langsamer gewachsen ist als der Markt. Das ist einfache Betriebswirtschaft, wir haben nicht mehr profitable Strecken eingestellt, die Anzahl der Flüge reduziert", sagt Garnadt. "Wenn wir nicht handeln, werden wir nicht nur nicht wachsen, sondern den Kern der Lufthansa schrumpfen müssen."

Daher hat Garnadt auch kein Verständnis für die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), die am vergangenen Dienstag zum fünften Mal gestreikt hat - wegen der geplanten neuen Übergangsversorgung. "Spätestens seit wir die Details unseres Angebotes veröffentlicht haben, dürfte klar sein, dass man das Angebot eigentlich nicht ablehnen kann. Die Piloten erfahren immer noch eine absolut privilegierte Behandlung im Vergleich zu anderen", so Garnadt. Außerdem sollen in einer Studie die Kosten der Lufthansa mit der Konkurrenz verglichen werden, daraus müssten gemeinsame Schlüsse gezogen werden. "Wenn man wirklich glaubt, wir könnten mit einem Abstand von bis zu 50 Prozent zum Marktniveau überleben, dann ist das ein Trugschluss."

So wie bei Air France soll es bei Lufthansa nicht laufen

Mit Blick auf den Konkurrenten Air France macht Garnadt deutlich: "Mit mir wird es kein Umfallen geben." Air France hatte nach einem zweiwöchigen Pilotenstreik den entscheidenden Teil des Sanierungsplanes - die Erweiterung der Billigsparte Transavia außerhalb Frankreichs - aufgegeben. Lufthansa hingegen habe schon längst tiefe Einschnitte beschlossen, dezentrale Stationen werden geschlossen und Tausende Arbeitsplätze in der Verwaltung abgebaut.

Die Lufthansa will die beiden Billiganbieter für Kurzstrecken Germanwings und Eurowings mit einem neuen Billiganbieter für die Langstrecken zusammenfassen. Sie sollen wesentliche Teile des Europageschäftes außerhalb der Drehkreuze übernehmen sowie neue Langstrecken erschließen, die für Lufthansa selbst nicht profitabel zu fliegen sind. Eurowings wird dabei von einer Regionalairline mit kleinen Maschinen zu einem Billiganbieter umgebaut.

Air Dolomiti könnte sich dem Eurowings-Bündnis anschließen

Nun deutet Garnadt an, dass dieses Bündnis um ein Mitglied erweitert werden könnte: die italienische Lufthansa-Tochter Air Dolomiti. "Wings soll mit beherrschbaren Schritten ausgebaut werden. Wenn wir wissen, dass es funktioniert, dann trauen wir uns zu, über die Heimatmärkte hinaus zu schauen." Der 57-Jährige glaubt, dass Eurowings nach dem Umbau ähnlich niedrige Kosten erreichen kann wie die britische Easyjet, die viele als größere Bedrohung für die klassischen europäischen Anbieter wahrnehmen als Ryanair, weil sie deutlich mehr auf die Geschäftsreisenden abzielt. Und: "Wir glauben, dass Billigflüge auch auf der Langstrecke funktionieren können."

Deswegen will Lufthansa zunächst mit einer Flotte von sieben geleasten Airbus A330-200 in diesen Bereich einsteigen. Die Preise für ein Ticket sollen etwa 30 Prozent unter dem Niveau der klassischen Lufthansa-Flüge liegen - und die Kosten weit mehr als 30 Prozent niedriger. Die Flugzeuge sollen zwar auch eine kleine, einfache Business Class bekommen, insgesamt sollen sie aber mit mehr als 300 Sitzen eng bestuhlt sein. Das wären etwa 50 Prozent mehr Sitze als bei einer klassischen Fluggesellschaft mit großer Business Class oder sogar einer First Class.

Neues Angebot zwischen Business und Economy Class

Doch trotz der Billiginitiativen betont Garnadt, dass das auf die Drehkreuze in Frankfurt und München konzentrierte Geschäftsmodell den Konzern noch über Jahre bringen muss. Daher sind Investitionen wie in die Premium Economy so wichtig. Mit diesem neuen Angebot will Lufthansa Privatreisende und Geschäftsleute ansprechen, die mehr Komfort wollen, denen aber die Business Class deutlich zu teuer ist.

Bis zum dritten Quartal 2015 soll die Umrüstung der etwa 100 Flugzeuge großen Langstreckenflotte komplett abgeschlossen sein. Diese haben dann auch neue Sitze in der First und Business Class, in der Lufthansa derzeit als einer der letzten großen Anbieter Sessel einbaut, die sich zu komplett flachen Betten umklappen lassen.

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