Konsum:Bauern-Präsident sieht kaum Nachfrage für teures Fleisch

Gefahr durch Antibiotika? Übertrieben, sagt der Präsident des Bauernverbands. Tierschutz? Hierzulande auf höchstem Niveau. Die Verbraucher wollen eh nur das eine, ist er überzeugt: leckeres und bezahlbares Fleisch.

Von Daniela Kuhr

Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied glaubt, dass Tierschutz in der Landwirtschaft nur für wenige Verbraucher ein entscheidendes Kaufkriterium ist. Den meisten Konsumenten komme es auf eines an: "Dass ihnen das Fleisch schmeckt, dass es also zart, saftig und bezahlbar ist", sagte Rukwied eine Woche vor Eröffnung der Verbrauchermesse Grüne Woche in Berlin zur Süddeutschen Zeitung. "Allenfalls ein kleiner Teil der Konsumenten ist laut zahlreichen einschlägigen Studien dafür empfänglich, wenn mit einem besonders hohen Tierschutz geworben wird. Und auch nur dieser kleine Teil ist bereit, dafür mehr Geld auszugeben."

Rukwied, der im vergangenen Sommer die Nachfolge von Gerd Sonnleitner an der Spitze des Deutschen Bauernverbands (DBV) angetreten hat, hält die vor allem von Umwelt- und Tierschützern geäußerte Kritik an den gegenwärtigen Haltungsformen in der Landwirtschaft für übertrieben. "Kein Bauer will, dass seine Tiere leiden. Erst recht kann man nicht sagen, dass große Ställe generell schlechter sind als kleine." Im Gegenteil. Viele Landwirte hätten sehr viel Geld investiert, um ihre Ställe zu vergrößern und zu modernisieren. "Für die Tiere jedenfalls ist es deutlich angenehmer, wenn 200 Kühe in einem offenen Stall mit Zugang zur Weide frei herumlaufen können, als wenn 20 Kühe permanent in engen Boxen stehen."

Der Bauernverband motiviere seine Mitglieder dazu, ihre Ställe zu öffnen, damit Besucher sehen könnten, wie Landwirtschaft heute betrieben werde. "Wir haben nichts zu verbergen", sagte Rukwied. Was den Tierschutz anbelangt, sei Deutschland momentan im EU-Vergleich "ganz vorn dabei".

Zwar gebe es natürlich Probleme, wie das Kupieren der Ringelschwänze bei Schweinen oder der Schnäbel bei Geflügel, "für die wir dringend Lösungen finden müssen". Doch müsse jede neue Anforderung an den Tierschutz auch "wirtschaftlich darstellbar" sein. "Schließlich bewegen wir uns in offenen Märkten." Es bringe daher nichts, wenn Deutschland seine Tierschutz-Standards im Alleingang immer höher schraube. "Dann wird die Produktion eben ins Ausland verlagert", sagte Rukwied. "Die klassische Käfighaltung von Geflügel beispielsweise wurde in Deutschland zweieinhalb Jahre früher verboten als in anderen EU-Ländern." Und wozu habe das geführt? "Dass die Käfige, die bei uns abgebaut wurden, in Nachbarländern wieder aufgebaut wurden. Und natürlich haben die dort produzierten Käfigeier ihren Weg nach Deutschland gefunden - was zur Folge hatte, dass gerade kleinere Betriebe ihre Tierhaltung aufgeben mussten."

Gefahr durch Antiobiotika? Übertrieben, sagt der Bauernverband

Auch die Debatte über den massiven Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft wird nach Ansicht von Rukwied falsch geführt. "Natürlich sind wir daran interessiert, so wenig Antibiotika wie möglich einzusetzen." Erste Erkenntnisse aus einem Monitoring zeigten jedoch, "dass nicht die Größe eines Betriebs entscheidend sein muss, ob viel oder wenig Antibiotika verabreicht wurde, sondern eine Reihe von Faktoren wie Herkunft, Stallbau oder Management verantwortlich sein kann".

Zudem hält er die von Umweltschützern beschriebene Gefahr, dass nur dadurch das Entstehen resistenter Keime gefördert werde, für übertrieben. "Neben der Tierhaltung muss man auch Antibiotikaverwendung in der Humanmedizin und in der Haustierhaltung berücksichtigen. In der Tierhaltung verwenden wir fast ausschließlich alte Antibiotika, die in der Humanmedizin gar nicht mehr angewendet werden", sagte Rukwied.

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