Konjunkturprogramm:Misserfolg garantiert

Zum Scheitern verurteilt: Die Investitionshilfen der Bundesregierung taugen nicht dazu, die Wirtschaft anzukurbeln.

Claus Hulverscheidt

Wie viel Vertrauen jemand in eine andere Person oder in ein politisches Projekt setzt, lässt sich oft schon an seiner Wortwahl ablesen. Ein Paradebeispiel dafür ist das geplante Konjunkturprogramm der Koalition, über das seit Wochen intern debattiert wird, das aber in der Öffentlichkeit partout nicht Konjunkturprogramm heißen darf. CDU und CSU drücken sich um den Begriff herum, weil es zu den wirtschaftspolitischen Grundüberzeugungen der Union gehört, dass solche Programme nicht wirken. Und die SPD kreiert mit dem Bild des "Beschäftigungsschirms" eigens ein neues Unwort - aus purer Angst, bei den Wählern könne der Eindruck entstehen, dass der Staat nun nach den Banken auch noch dem Rest der Wirtschaft das Geld der Steuerzahler hinterherwirft.

Konjunkturprogramm: Die Bundesregierung will die Wirtschaft anschieben - und befreit Neuwagen von der Kfz-Steuer.

Die Bundesregierung will die Wirtschaft anschieben - und befreit Neuwagen von der Kfz-Steuer.

(Foto: Foto: dpa)

Über die Druckserei ließe sich hinwegsehen, wenn die "punktgenauen Investitionshilfen", von denen die Bundeskanzlerin spricht, wenigstens Aussicht auf Erfolg hätten. Tatsächlich aber werden sie nicht einmal reichen, um das sprichwörtliche Strohfeuer zu entfachen. Beispiel "Handwerkerbonus": Kein Hausbesitzer wird den Klempner bestellen, weil er ein paar Euro mehr als bisher von der Steuer absetzen kann. Entweder ist die Heizung kaputt, dann muss der Klempner kommen, oder aber sie funktioniert, dann ruft ihn auch keiner. Beispiel Kfz-Steuer: Der Gedanke, auch nur ein einziger Bürger würde ein neues, in Deutschland gebautes Oberklasseauto kaufen, weil er ein Jahr lang keine Kfz-Steuer zahlen muss, grenzt gar an Volksverdummung - ganz abgesehen davon, dass der Koalition offenbar das Gefühl dafür verlorengegangen ist, was sich die Bürger nach Jahren der Reallohnverluste leisten können.

Mitnahmeeffekten und Trittbrettfahrerei

In der Realität wird das Konjunkturprogramm der Regierung vor allem zu Mitnahmeeffekten und Trittbrettfahrerei führen. Wer sein Haus ohnehin besser isolieren wollte, wird jetzt auf den Staatsbonus warten. Und wie es einzelnen Branchen gelingt, mit Verweis auf die Finanzkrise eigenes Versagen etwa in der Motoren- und Modellpolitik zu kaschieren, führt derzeit die Autoindustrie mit erstaunlicher Dreistigkeit vor.

Wenn ein Konjunkturprogramm überhaupt eine Wirkung entfalten kann, dann nur, wenn sich die politisch Verantwortlichen ohne Wenn und Aber zu diesem Programm bekennen und die Kaufkraft der Bürger auf einen Schlag spürbar erhöhen. Selbst die EU-Kommission hat am Montag ihr Einverständnis zu einem schuldenfinanzierten Impuls gegeben. So könnte die Regierung etwa den Solidaritätszuschlag rückwirkend für das gesamte Jahr 2008 aussetzen und den Bürgern sämtliche zu viel gezahlten Steuern rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft aufs Konto überweisen. Noch effektiver könnte eine Rücknahme der Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte vom Jahresbeginn 2007 sein. Auch bei diesen Maßnahmen wäre der Erfolg nicht gewiss. Bei dem Sammelsurium aber, das die Koalition stattdessen plant, ist der Misserfolg bereits eingebaut.

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