Konjunktur:"2009 wird ein rabenschwarzes Jahr"

Weltuntergangsstimmung: Ökonomen schreiben das neue Jahr ab und schüren Ängste - 2009 soll das schlechteste Jahr in der Geschichte der Republik werden.

Erst die Bundesbank, jetzt das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): Immer mehr Ökonomen geben das Jahr 2009 bereits heute verloren.

Konjunktur: Düstere Perspektiven: Das RWI in Essen geht davon aus, dass 2009 ein rabenschwarzes Jahr wird.

Düstere Perspektiven: Das RWI in Essen geht davon aus, dass 2009 ein rabenschwarzes Jahr wird.

(Foto: Foto: iStock)

Prognose kräftig korrigiert

Nach neuen Prognosen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung steht Deutschland die tiefste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik bevor. Für kommendes Jahr werde nun mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um zwei Prozent gerechnet, sagte RWI-Konjunkturexperte Roland Döhrn am Mittwoch in Essen. Damit revidiert das RWI seine frühere Prognose von plus 0,7 Prozent überaus kräftig nach unten.

Das Essener Institut ist damit wesentlich skeptischer als viele andere Forscher, die von einem Minus von rund einem Prozent ausgehen. Die Bundesbank erwartet einen Rückgang des BIP um 0,8 Prozent - dies wäre das schlechteste Ergebnis seit 15 Jahren.

Die Wirtschaftsexperten des Berliner DIW senkten am Mittwoch ihre bisherige Konjunkturprognose für das vierte Quartal. Sie erwarten nun bei der Wirtschaftsleistung ein Minus von 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Für 2008 ergebe sich daraus eine Wachstumsrate von 1,7 Prozent. Berücksichtige man die geringere Zahl an Arbeitstagen im Vorjahr, liege das Wachstum sogar lediglich bei 1,4 Prozent. Noch Mitte November hatte das DIW für das vierte Quartal ein Plus von 0,2 Prozent erwartet, also ein vorläufiges Ende der seit dem zweiten Quartal sinkenden Wirtschaftsleistung. Inzwischen stehe die deutsche Volkswirtschaft "an der Übergangsschwelle von einer Über- zur Unterauslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten", sagte DIW-Konjunkturexperte Stefan Kooths. Deshalb könne "nunmehr auch im eigentlichen Sinne von einer Rezession gesprochen werden".

Folgen der Finanzkrise

Das RWI begründet seinen wachsenden Pessimismus vor allem damit, dass sich die Finanzmarktkrise weitaus stärker auf die Weltwirtschaft auswirke als zuvor absehbar. Die Konjunktur werde sich erst Ende nächsten Jahres erholen. Erst kürzlich hatte auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bevölkerung auf ein Jahr der "schlechten Nachrichten" eingeschworen. Die Kanzlerin sagte aber auch, dass es zum Jahresende 2009 dann schon wieder bergauf gehen könne mit der Konjunktur.

Lesen Sie weiter, warum vor allem der Export leiden wird - und wann es ähnlich starke Einbrücke gegeben hat.

"2009 wird ein rabenschwarzes Jahr"

Insbesondere der Export werde sich im kommenden Jahr deutlich abschwächen, prophezeite RWI-Konjunkturchef Döhrn. Damit blieben auch die Absatzerwartungen der Firmen ungünstig.

Ähnliche starke Rückgänge habe es bislang nur bei den Ölkrisen in den 70er und zu Beginn der 80er Jahre gegeben, sagte Döhrn weiter. In Deutschland gab es 1975 den bislang stärksten Einbruch der gesamtwirtschaftlichen Leistung. Als Folge der Ölkrise sank das BIP um 0,9 Prozent. 1993, nach dem Ende des Einheitsbooms, betrug das Minus 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

"Die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September hat eine regelrechte Abwärtsspirale in Gang gesetzt", so der Konjunkturexperte. Die Finanzmarktkrise habe in der Folge auch auf andere Bereiche übergegriffen, die zunächst nicht betroffen gewesen seien.

"Die Stahlwerke arbeiten gerade noch so, dass die Hochöfen nicht kalt werden", sagte Döhrn. Angesichts sinkender Absatzerwartungen werde es auch zu einem deutlichen Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen im kommenden Jahr um zehn Prozent kommen. Dies werde auch den Bausektor nach unten ziehen, da Großprojekte zurückgestellt würden.

Die Essener Forscher rechnen zudem wegen der drastisch gefallenen Rohstoffpreise mit einem kräftig nachlassenden Preisdruck. Für 2009 erwartet das RWI eine Inflationsrate von 0,9 Prozent. Damit wäre das Teuerungsniveau nicht einmal halb so hoch wie von der Europäischen Zentralbank mittelfristig angepeilt. Die fallenden Preise werden dem RWI zufolge den Verbrauchern mehr Geld im Portemonnaie belassen, so dass sich die verfügbaren Einkommen bis Mitte 2009 verbessern werden und den Konsum stützen.

Schlechte Nachrichten halten die Wissenschaftler allerdings für den Arbeitsmarkt bereit: Die Lage werde sich im kommenden Jahr eintrüben - und somit auch den Konsum drücken. Das Institut rechnet damit, dass die Arbeitslosenquote von 7,5 in diesem Jahr auf 7,9 Prozent im Jahr 2009 steigen wird und die Zahl der Arbeitslosen im Jahresschnitt um 175.000 zunimmt.

Die Forscher erwarten vor diesem Hintergrund, dass der private Verbrauch im nächsten Jahr um 0,3 Prozent zurückgeht. Der Staatskonsum werde hingegen wegen der beschlossenen Investitionsprogramme in der Krise um 2,1 Prozent anziehen.

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