Konjunktur:Regierung erwartet Rekord-Abschwung

Das Wirtschaftsministerium, die Konjunkturprognose für 2009 drastisch zu senken - auf den tiefsten Wert der Nachkriegsgeschichte.

Deutschland steht möglicherweise vor dem größten Wirtschaftsabschwung der Nachkriegsgeschichte, denn die Bundesregierung könnte ihre Konjunkturprognose für das Jahr 2009 drastisch senken.

Konjunktur: Noch ist Deutschland Exportweltmeister, doch führende Institute haben ihre Prognosen bereits nach unten geschraubt.

Noch ist Deutschland Exportweltmeister, doch führende Institute haben ihre Prognosen bereits nach unten geschraubt.

(Foto: Foto: AP)

In internen Berechnungen gehe das Wirtschaftsministerium davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt um drei Prozent oder mehr schrumpfen werde, meldete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Dies wäre eine noch pessimistischere Schätzung als die jüngsten Prognosen der führenden Wirtschaftsinstitute - und ein massiver Einbruch im Vergleich zu den derzeit kommunizierten Zahlen: Offiziell geht die Regierung noch von einem Wachstum von 0,2 Prozent aus. Seit dem Jahr 1950 ist die deutsche Wirtschaft nur viermal geschrumpft. Den stärksten Einbruch notierten die Statistiker im Jahr 1975, damals betrug der Rückgang ein Prozent.

In einem Vermerk werde zur Begründung für die neue Schätzung auf Prognosen der Institute verwiesen, die bis zu drei Prozent Schrumpfung statt bisher erwarteten zwei Prozent Minus vorhersagen könnten, hieß es in dem Bericht. "Aus heutiger Sicht sind solche noch ungünstigeren Prognosen nicht unrealistisch", zitierte die Zeitung aus dem Papier. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte dazu, an der Regierungsprognose für das kommende Jahr werde derzeit gearbeitet. Minister Michael Glos (CSU) werde sie am 28. Januar vorstellen.

Unternehmen drosseln Produktion

Für das laufende vierte Quartal hält das Ministeriumspapier der FAZ zufolge einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,25 bis 1,75 Prozent für möglich. Da zahlreiche Unternehmen ihre Produktion zurückfahren würden, sei zudem ein weiterer deutlicher Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Aktivität im ersten Quartal 2009 sehr wahrscheinlich. "Dadurch wären Prognosen von weniger als minus drei Prozent rechnerisch kaum noch zu vermeiden, wenn man nicht im weiteren Jahresverlauf 2009 einen deutlichen Aufschwung in der Berechnung unterstellen würde", zitierte die Zeitung.

Daran wird auch die Binnennachfrage nichts ändern, denn die wird einem Medienbericht zufolge im kommenden Jahr stagnieren. Die Tageszeitung Die Welt berichtete unter Berufung auf eine Studie der GfK, dass die Deutschen 2009 pro Kopf durchschnittlich 18.946 Euro für Lebensunterhalt und Konsum ausgeben können. Das sind 210 Euro pro Person mehr als 2008 und entspricht einer Steigerung von rund 1,1 Prozent. Die voraussichtliche Inflationsquote liegt bei rund einem Prozent. Damit wird der Anstieg des privaten Wohlstands durch die prognostizierte Teuerung praktisch ausgeglichen.

"Ob die einzelnen Menschen 2009 unterm Strich mehr oder weniger haben werden, hängt davon ab, ob sie individuell an den wachsenden Nettolöhnen in einigen Branchen profitieren oder beispielsweise durch Zeitarbeit, gar Stellenverlust, in anderen Branchen reale Einbußen hinnehmen müssen", wird Simone Baecker-Neuchl, die Projektleiterin der GfK-Studie, zitiert.

Unterschiede im Kaufkraftniveau

Die GfK-Studie zeigt der Welt zufolge, dass zwischen den Regionen Deutschlands weiter große Unterschiede im durchschnittlichen Kaufkraftniveau existieren. In Ostdeutschland ist das durchschnittlich verfügbare Nettoeinkommen deutlich geringer als im Westen. Die Regionen mit der höchsten Kaufkraft sind die Ballungsräume rund um München, Stuttgart, Hamburg, Düsseldorf und Nürnberg sowie die Rhein-Main-Region.

Unter den 25 Kreisen mit der geringsten Kaufkraft befinden sich mit Ausnahmen von Bremerhaven nach wie vor nur ostdeutsche Kreise. Den letzten Platz belegt wie im vergangenen Jahr der Landkreis Uecker-Randow in Mecklenburg-Vorpommern.

In der vergangenen Woche hatten mehrere Forschungsinstitute einen Konjunkturausbruch von historischem Ausmaß vorhergesagt. Das Ifo-Institut setzte sich mit einer Schätzung von 2,2 Prozent Minus an die Spitze der Skeptiker, das Essener RWI sagte zwei Prozent Schrumpfung voraus. Ein Glos-Sprecher hatte dagegen erklärt, im Moment gebe es keine Pläne, die Regierungsprognose zu ändern.

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