Konjunktur in China:Retter in Not

Farmers plant rice seedlings in a field near a residential compound in Shaxi township

Nicht nur die Ausfuhren, auch die Importe haben in China deutlich nachgelassen.

(Foto: Reuters)
  • Chinas Exportindustrie kämpft mit einer geringen Nachfrage aus dem Ausland sowie dem schwachen Euro und Yen.
  • Insgesamt könnte die Konjunktur damit im ersten Quartal hinter dem Wachstumsziel von sieben Prozent zurückgeblieben sein.
  • Die Zentralbank könnte deshalb mit neuen geldpolitischen Maßnahmen die Wirtschaft zu stützen, vermuten Beobachter.

Von Marcel Grzanna, Shanghai

Die Regierung von China will ihre Bürger und den Rest der Welt an eine "neue Normalität" gewöhnen. Gemeint sind damit Wachstumsraten, die sich immer weiter entfernen von der ehemals zweistelligen Dynamik. Dass die Wirtschaftsleistung jedoch so stark unter Druck geraten könnte, wie es die jüngsten Exportdaten des chinesischen Zollamtes befürchten lassen, sollte eigentlich nicht Teil der neuen Normalität werden.

Der Export bricht ein, statt zu wachsen

"Das ist alles ziemlich unnormal, was zurzeit passiert. Die sinkenden Exporte sind in diesem Ausmaß doch sehr überraschend", sagt Liu Huiyong, Chef-Makroanalyst bei Shenwan & Hongyuan Securities in Shanghai. Die Ausfuhren brachen um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat ein (vgl. Grafik). Dabei hatten viele Beobachter mit einem soliden Plus gerechnet. Die Feierlichkeiten für das chinesische Frühlingsfest waren bereits Anfang März beendet, weswegen Experten von positiven Zahlen ausgegangen waren.

Konjunktur in China: undefined

Doch die schwache Nachfrage aus dem Ausland belastet die chinesische Export-Industrie. Der sinkende Euro-Kurs hat die Ausfuhren nach Europa zusätzlich getroffen. Seit Jahresbeginn verlor der Euro um 15 Prozent gegenüber dem chinesischen Yuan. Auch gegenüber dem japanischen Yen legte die Landeswährung zu. Entsprechend teurer wurden die Preise für chinesische Produkte. Viele Unternehmen kalkulieren ohnehin schon mit minimalen Margen, weswegen ihnen kaum Möglichkeiten bleiben, den Kunden preislich entgegenzukommen. Die Exporte nach Japan gingen deshalb sogar um 25 Prozent zurück, nach Europa um 19 Prozent.

Insgesamt schwacher Start ins Jahr

Für die Regierung ist dies bitter, weil die Zahlen dunkle Schatten auf das laufende Jahr werfen. An diesem Mittwoch gibt das Nationale Statistikamt das Wachstum der Monate Januar bis März bekannt. Die Exportzahlen weisen neben anderen schwachen Parametern auf eine Wirtschaftsleistung im ersten Quartal hin, die unter 7,0 Prozent liegen könnte, also jenem Wert, den Peking als bereits konservativ formuliertes Ziel für das gesamte Jahr 2015 ausgegeben hat. China hatte 2014 noch mit einem Plus von 7,4 Prozent beendet, das geringste Wachstum in 24 Jahren.

Auch die Importdaten stützten die trübe Aussicht für die chinesische Konjunktur. Die Einfuhren sanken im März um 12,7 Prozent. Der Immobilienmarkt als Zugpferd der Importe für Rohstoffe stagniert schon länger. Zuletzt senkte die Regierung die Höhe der gesetzlichen Anzahlung für Zweitwohnungskäufer in zahlreichen Städten, um die Nachfrage anzustacheln.

Die Zentralbank könnte nachhelfen

Die Auswirkungen der Abkühlung sind weit über die chinesischen Landesgrenzen hinaus zu spüren. Chinas Bedarf an Rohstoffen verliert an Dynamik, was sich auf den Weltmärkten bemerkbar macht. Im ersten Quartal benötigte die Volksrepublik rund 40 Prozent weniger Kohlelieferungen aus dem Ausland als im gleichen Zeitraum 2014. "Vor einigen Jahren haben viele gedacht, China ist dauerhaft die Lokomotive der Weltwirtschaft. Die Lehre aus der wirtschaftlichen Entwicklung sollte jedoch sein, dass China nicht in der Lage sein wird, die Welt zu retten", sagt Liu Xintian vom Commodity Development & Research Center im ostchinesischen Jinan.

Peking stemmte sich seit Ende 2014 mit Zinssenkungen gegen den Abwärtstrend. Zudem winkte die nationale Entwicklungskommission neue Infrastrukturprojekte durch und senkte die Preise für Elektrizität und Benzin. Weitere geldpolitische Maßnahmen der Zentralbank gelten angesichts des enttäuschenden Starts ins Jahr als wahrscheinlich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: