Konjunktur:Experten schreiben das Jahr 2009 komplett ab

Die Republik in Rezessionsstimmung: Die Bundesbank malt für das kommende Jahr schwarz und erwartet erst 2010 wieder eine leicht anziehende Konjunktur.

2009 werde ein Jahr schlechter Nachrichten, sagte noch vor kurzem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Frühestens Ende kommenden Jahres könne es wieder bergauf gehen. Die Bundesbank geht nun noch einen Schritt weiter. Sie schreibt das kommende Jahr wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise komplett ab und reduzierte ihre Wachstumsprognose von bisher 2,3 Prozent auf 1,6 Prozent drastisch.

Konjunktur: Das sieht nicht gut aus: Die Bundesbank malt für 2009 schwarz, erst 2010 könnte es mit der Konjunktur wieder bergauf gehen.

Das sieht nicht gut aus: Die Bundesbank malt für 2009 schwarz, erst 2010 könnte es mit der Konjunktur wieder bergauf gehen.

(Foto: Fotomontage: sueddeutsche.de)

"Im Winterhalbjahr 2008/2009 ist mit einem erheblichen Rückgang der realwirtschaftlichen Aktivität zu rechnen", hieß es aus der Bundesbank.

Damit erreichen die düsteren Szenarien für die Konjunktur in Deutschland einen neuen traurigen Höhepunkt, denn bislang hatten selbst die Pessimisten unter den Ökonomen 2009 noch nicht völlig verloren gegeben.

Die Unsicherheit sei mit Blick auf die Weltkonjunktur derzeit "extrem hoch", berichtete die Bundesbank. Ein schärferer Einbruch sei in einem Risikoszenario "keineswegs abwegig".

"Markant verschlechtert"

Seit Herbstbeginn hätten sich die Aussichten "markant verschlechtert", schreibt die Bundesbank in ihrer am Freitag in Frankfurt am Main veröffentlichten halbjährlichen Wirtschaftsprognose - und senkt ihre früheren Prognosen kräftig.

Preisbereinigt erwartet die Bundesbank nun im Jahr 2009 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,8 Prozent. Dies wäre das schlechteste Ergebnis seit dem Rezessionsjahr 1993. Noch im Juni war die Bank von einem deutlich moderaten Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent ausgeeggangen. Für 2010 erwarten die Notenbanker dann wieder deutlich bessere Nachrichten und ein BIP-Wachstum von 1,2 Prozent.

Der Chef der Bundesbank, Axel Weber, erwartet, dass Deutschland 2010 von einer leichten Belebung der Weltwirtschaft profitieren kann.

Bis zum Aufschwung ist es allerdings noch ein weiter Weg, denn die Industrie wird immer mehr zum Sorgenkind der deutschen Wirtschaft. Die Aufträge brachen im Oktober überraschend um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat ein, wie das Wirtschaftsministerium mitteilte. Stärkere Einbußen gab es seit der Wiedervereinigung nur im Vormonat September mit 8,3 Prozent und im Juli 2007 mit 6,4 Prozent. "Die Situation ist schlimm", sagte der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. Der Industrie drohe eine Durststrecke, die wohl erst in der zweiten Jahreshälfte 2009 enden werde.

Lesen Sie weiter, was der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, für 2009 erwartet - und welche Ängste die Deutschen plagen.

Experten schreiben das Jahr 2009 komplett ab

Schwarz malt auch der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter. "Im günstigsten Szenario werden wir im kommenden Jahr ein Nullwachstum haben. Wir können am Ende aber auch bei minus vier Prozent landen", sagte Walter zu sueddeutsche.de. Er empfahl für Deutschland eine rasche Senkung der Mehrwersteuer von 19 auf 16 Prozent.

Bürger bangen um Zukunft

Auch die Bundesbürger sorgen sich um ihre Zukunft. Fast drei Viertel (73 Prozent) sind der Ansicht, dass "der schlimmste Teil der Krise uns noch bevorsteht", wie der "ARD-Deutschland-Trend" ermittelt hat. Dies sind zehn Punkte mehr als vor einem Monat. Die Hälfte der Befragten (51 Prozent) bangt um die persönliche wirtschaftliche Zukunft. Vor dem Hintergrund der weltweiten Krise verschlechterte sich die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland deutlich. 42 Prozent der Bundesbürger machen sich Sorgen um ihre Ersparnisse.

Sorgen machen sich auch die Unternehmen. Sie kommen einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts zufolge zunehmend schwieriger an Kredite. Etwa ein Drittel der befragten Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft habe zuletzt über stärkere Zurückhaltung der Banken geklagt, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Freitag in München. "Insbesondere Großunternehmen klagen darüber, dass die Kreditvergabe restriktiv sei", sagte Sinn. Hier liege die Quote sogar bei rund 40 Prozent. Von einer Kreditklemme wollte Sinn aber noch nicht sprechen. "Kreditklemme würde ich es noch nicht nennen, aber die Kredithürde wird höher", sagte er. Halte dieser Trend an, werde es problematisch.

Moderate Teuerung

Entwarnung gab die Bundesbank am Freitag bei der Teuerung, die wegen der hohen Öl- und Nahrungsmittelpreise noch im Sommer Rekordwerte erreicht hatte. Im kommenden Jahr dürften die Lebenshaltungskosten im Schnitt nur noch um 0,8 Prozent zulegen, nach einem Plus von 2,8 Prozent in diesem Jahr. 2010 rechnen die Experten damit, dass die Verbraucherpreise um 1,4 Prozent steigen und damit deutlich unter der Warnschwelle der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen. Diese sieht bis zu einer Teuerung von knapp unter zwei Prozent stabile Preise gegeben.

Auch der Arbeitsmarkt werde von der Finanzkrise, die sich längst zu einer Wirtschaftskrise entwickelt hat, betroffen. So werde die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt 2009 und 2010 jeweils um mehr als 100.000 Personen steigen, erklären die Ökonomen. Im Vergleich mit früheren zyklischen Schwächephasen würde das aber keinen harten Rückschlag bedeuten.

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