Konjunktur:Chinas Wirtschaft wächst immer langsamer

Die Zeiten irrsinniger Wachstumszahlen sind vorerst vorbei. Chinas Wirtschaft wächst nur noch so schnell wie in den neunziger Jahren. Die Regierung findet keine Balance zwischen Entwicklung und Reformen. Dabei wären die dringend nötig.

Die chinesische Wirtschaft wächst das zweite Jahr in Folge so langsam wie zuletzt Ende der neunziger Jahre. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde legte im vergangenen Jahr nur um 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu, wie das Statistikamt in Peking berichtete. Der Anstieg der Wirtschaftsleistung lag damit auf dem gleichen Niveau wie 2012.

Der Zuwachs liegt zwar knapp über dem selbstgesteckten Wachstumsziel der Regierung von 7,5 Prozent. Allerdings wurden diese Vorgaben in der Vergangenheit immer sehr vorsichtig gemacht und am Ende meist deutlich übertroffen. Allein im vierten Quartal legte die Wirtschaft etwas stärker als erwartet um 7,7 Prozent zu, lag aber unter dem Zuwachs im dritten Quartal von 7,8 Prozent.

In diesem Jahr soll sich das Wachstum noch weiter verlangsamen. Die Regierung strebt vorrangig strukturelle Reformen an und will dafür auch eine geringere Wachstumsrate hinnehmen. Sieben Prozent gelten aber als Untergrenze. Auf ihrem Plenum im November hat die neue kommunistische Führung beschlossen, den Marktkräften und der Privatwirtschaft künftig eine größere Rolle einzuräumen.

Finanzielle Risiken

Die ursprünglich erhoffte Erholung blieb 2013 aus. Der Anstieg der Anlageinvestitionen kühlte sich zum Ende des Jahres weiter ab und erreichte im Gesamtjahr nur noch 19,6 Prozent. Das sind 1,1 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr, wie das Statistikamt berichtete. Die Industrieproduktion wuchs auch nur um 9,7 Prozent, nachdem 2012 noch zehn Prozent erreicht worden waren.

Beobachter gehen davon aus, dass sich das Wachstum weiter verlangsamen werde, sollte die Regierung ernsthaft strukturelle Reformen umsetzen wollen. Große Sorgen bereitet den Planern die rasant gestiegene Verschuldung von Kommunen und Staatsbetrieben. Zu den finanziellen Risiken tragen auch die wachsende Immobilienblase, die massive Ausweitung der Schattenbanken, dubiose Kreditvergabe und spekulative Vermögensverwaltungsprodukte bei. Die Kreditvergabe wurde schon in der zweiten Jahreshälfte gedrosselt, doch die Regierung will das Wachstum nicht weiter abwürgen.

Auch wenn die Wirtschaftsleistung in China nicht mehr zweistellig wächst, erscheint der Zuwachs der nach den USA zweitgrößten Wirtschaftsnation im Vergleich zu den Industrienationen weiter beeindruckend. Als Schwellenland hat China allerdings großen Nachholbedarf und braucht hohe Wachstumsraten, um zu den führenden Wirtschaftsnationen aufschließen zu können.

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