Konjunktur:Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone fällt unter zehn Prozent

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Erstmals liegt die Arbeitslosigkeit im Euro-Raum wieder unter zehn Prozent. Doch Ökonomen sehen erhebliche Risiken. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise haben viele Europäer ihre Stellen verloren. Nun finden wieder mehr Menschen in Jobs. Doch Ökonomen sehen erhebliche Risiken.

In der Euro-Zone finden wieder mehr Menschen eine Stelle. Erstmals seit mehr als fünf Jahren fiel die Arbeitslosenquote unter die psychologisch wichtige Marke von zehn Prozent. Das teile die europäische Statistikbehörde Eurostat mit. Im Oktober waren 9,8 Prozent der Bürger innerhalb der Eurozone arbeitslos. Es ist der niedrigste Wert seit Juli 2009. Der europäische Arbeitsmarkt profitiert nicht nur von den guten Zahlen aus Deutschland, wo die niedrigen Arbeitslosenzahlen zuletzt weiter sanken.

Auch im Nachbarland Frankreich finden wieder mehr Menschen eine Stelle. Bei den Arbeitslosenzahlen gab es dort zuletzt den stärksten Rückgang seit 1996. In südeuropäischen Ländern wie Spanien geht die Arbeitslosigkeit ebenfalls zurück - dank des starken Tourismus im vergangenen Sommer und einem anziehenden Wirtschaftswachstum. Doch in vielen Ländern ist die Arbeitslosigkeit weiter sehr hoch. In Spanien etwa hat noch immer fast jeder Fünfte keinen Job. Bei den Jugendlichen ist die Situation ohnehin deutlich schlimmer.

Und auch wenn die jüngste Entwicklung in der Euro-Zone für viele Menschen erfreulich ist: Die Arbeitslosigkeit liegt damit immer noch auf relativ hohem Niveau. Zu Beginn des Jahres 2008 waren nur etwa sieben Prozent der Bürger in der Euro-Zone arbeitslos. Doch dann brach die Finanzkrise aus. Die Bankenkrise schockte Europas Wirtschaft. In Deutschland schützte die Kurzarbeit viele Jobs. In anderen Ländern war die Lage dagegen deutlich dramatischer. Die Arbeitslosigkeit nahm noch einmal drastisch zu, als die Schuldenkrise in der Euro-Zone ausbrach. Sie stürzte mehrere Staaten in eine tiefe Rezession. Im Sommer 2013 erreichte die Arbeitslosenquote ihren Höhepunkt, sie stieg auf mehr als zwölf Prozent. Seitdem finden immer mehr Leute wieder einen Job - aber die Euro-Zone erholt sich nur langsam.

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Warum dauert es so lange, bis wieder mehr Menschen in Jobs finden? Laut Timo Wollmershäuser, Ökonom beim Ifo-Insitut, waren die Folgen der Finanz- und Schuldenkrise so gravierend, dass traditionelle geldpolitische Maßnahmen kaum Wirkung zeigten. Auch die Niedrigzinsen hätten nicht genug Wirkung gezeigt, um gegen hohe Staatsschulden und Kreditausfälle bei Unternehmen anzukommen. Wollmershäuser geht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone weiter zurückgehen wird - bis zum Jahr 2018 auf 9,2 Prozent. Dazu trage die ultralockere Geldpolitik der EZB bei.

Gustav Horn, Chef des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), ist anderer Meinung. Er prangert an, Europa habe falsch auf die Krise reagiert. Statt zu investieren hätten die Euro-Staaten allein über niedrige Zinsen und den massiven Aufkauf von Anleihen versucht, die Konjunktur zu stärken. Horn hält das für einen schweren Fehler. Und er sieht nach wie vor erhebliche Risiken, die das Wachstum wieder zum Erliegen bringen könnten.

Die Folgen des Brexit würden die Euro-Zone erst im kommenden Jahr richtig zu spüren bekommen. "Sie dürften die Konjunktur in ganz Europa belasten", sagt Horn. Auch der Finanzsektor in Europa sei alles andere als stabil und damit ein Risiko für die wirtschaftliche Lage. Und noch etwas kann die Arbeitslosigkeit mittelfristig wieder steigen lassen, sagt Horn: die zunehmende Nationalisierung in der Wirtschaftspolitik.

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