Kommentar zu Sony BMG:Ideale Ergänzung

Es gibt wohl kaum eine bessere Gelegenheit für die Verkündung eines unternehmerischen Scoops.

Von Ulf Brychcy

(SZ vom 7.11.03) — Kurz bevor der Medienkonzern Bertelsmann im Beisein von Bundeskanzler Gerhard Schröder seine neue prächtige Hauptstadtrepräsentanz, Adresse: Unter den Linden 1, eingeweiht hat, konnte Bertelsmann-Vorstandschef Gunter Thielen eine durchschlagende Neuigkeit präsentieren.

Der deutsche Medienkonzern und der japanische Elektronik-Riese Sony wollen ihr Musikgeschäft zusammenlegen, um es künftig gemeinsam und gleichberechtigt zu führen. Dadurch entsteht ein Weltmarktführer, der die Musik seiner Künstler und Popstars in jede noch so abgelegene Ecke der Welt trägt.

Universal nun auf Rang zwei

Der bisherige Branchenprimus Universal Music, eine Tochter des angeschlagenen Mischkonzerns Vivendi, wird knapp auf den zweiten Platz verwiesen. Doch es ist keineswegs die schiere Größe, die das Vorhaben so bemerkenswert machen. Thielen und sein intern nicht immer unumstrittener Musikvorstand Rolf Schmidt-Holtz haben großes Geschick bewiesen.

Nachdem der eigentliche Fusionspartner Warner Music (mit Stars wie Madonna und REM) sich sträubte und Gütersloh nur als Juniorpartner dulden wollte, sind die beiden Macher von Bertelsmann zu Sony umgeschwenkt - konsequent, still und überaus effizient.

Probleme in der Branche

Diese deutsch-japanische Allianz, die ja erst durch die großen Probleme der Plattenbranche möglich wird, könnte weit über ein Notbündnis hinaus reichen. Bertelsmann und Sony ergänzen sich prächtig. Die Deutschen etwa verfügen über große Fernsehsender, TV-Produktionsfirmen und mächtige Verlage.

Sony besitzt mit Columbia ein erfolgreiches Hollywood-Studio und ist, wenngleich derzeit in der Krise, in der Unterhaltungselektronik ein Gigant. So lassen sich, gerade im unsicheren Zeitalter des grenzenlosen digitalen Kopierens von Musik und Filmen, Medienmärkte machen.

Skeptische Wettbewerbsbehörden

Noch aber gibt es die neue Firma Sony BMG nicht. Die Vorstandschefs müssen noch einige Details klären, bevor der Vertrag besiegelt wird. Und die zu Recht skeptischen Wettbewerbsbehörden in den USA und Brüssel werden sich nicht so einfach überzeugen lassen, zumal sich mit EMI und Warner Music eine weitere Megafusion ankündigt.

Die Neuordnung der Musikwelt wird sich im Schatten der Krise aber kaum aufhalten lassen. Sollten dabei jedoch allein die Kostensparer das Sagen haben, dann kommt die Branche nicht hoch. Die wichtigsten Produktionsfaktoren bleiben die Künstler und die Kreativität, das Maß aller Dinge die Kundschaft.

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