Kommentar:Zimmer frei

Der Zusammenschluss der Hotelkette Marriott mit dem Konkurrenten Starwood ist kein Zeichen der Stärke - im Gegenteil. Die traditionsreichen Großbetriebe sind vor allem für junge Reisende nicht attraktiv.

Von Caspar Busse

Es ist ein wahrhaft großes Unternehmen, das da entstehen soll. Der US-Konzern Marriott, vor fast 90 Jahren als kleine Imbisskette in Washington gegründet, übernimmt für zwölf Milliarden Dollar den Konkurrenten Starwood. Gemeinsam werden die beiden die mit Abstand größte Hotelkette der Welt - mit Häusern in fast allen Winkeln der Erde, mit beinahe 1,1 Millionen Zimmern, einem Jahresumsatz von 20 Milliarden Dollar und einer fast schon unübersichtlichen Zahl von unterschiedlichen Marken - von Ritz-Carlton über Sheraton und Westin bis zu Renaissance. Marriott/Starwood wird damit künftig deutlich vor den bisherigen Marktführern, Interconti und Hilton, liegen.

Der Milliardendeal wird voraussichtlich nicht der letzte bleiben. Denn die Hotelbranche befindet sich, auch wenn es gar nicht den Anschein hat, in einem tief greifenden Umbruch. Anders als etwa die Bierhersteller - auch hier bahnt sich gerade eine Großfusion an, Anheuser-Bush Inbev kauft für die Rekordsumme von rund hundert Milliarden Dollar den Rivalen SAB Miller - gerät das traditionelle Geschäftsmodell der Herbergsunternehmen durch die Digitalisierung unter Druck. Die Hotelkonzerne reagieren mit Übernahmen, die schiere Größe soll mehr Effizienz, mehr Umsatz und mehr Gewinn bringen. Doch Fusionen alleine werden nicht zum Erfolg führen.

In Wahrheit ist das Hotelgeschäft, das von so vielen globalen Konzernen betrieben wird, ein lokales. Die einzelne Herberge konkurriert mit den Häusern in der unmittelbaren Umgebung, zum Beispiel in derselben Stadt. Oft legt der Gast auch durchaus Wert auf Individualität. Doch inzwischen gibt es kaum noch kleine unabhängige und individuelle Hotels, die nicht zu einer der großen Ketten gehören.

Es gibt gleich mehrere Trends, die die Hotelketten lange verschlafen habe, die ihnen nun zusetzen und auf die sie bis heute eigentlich keine schlüssige Antwort gefunden haben. Viele Gäste buchen inzwischen ihre Zimmer im Internet, auf Hotelportalen wie Booking.com oder HRS. Hier herrscht absolute Transparenz, die Zimmerpreise sind sofort und per Kopfdruck vergleichbar. Das drückt auf die Rate, gleichzeitig aber steigen die Kosten, Dienstleistungen sind teuer, die Immobilienpreise gehen in vielen Städten nach oben, teure Modernisierungen sind oft nötig. Zudem müssen die Hoteliers teilweise hohe Provisionen an die Vermittler zahlen. Oft gibt es auch noch sogenannte Best-Price-Regelungen, nach denen die Raten im Internet immer die günstigsten sein müssen - ein Vorgehen, das das Bundeskartellamt in Deutschland dem Hotelportal HRS bereits untersagt hat. Verfahren gegen andere Anbieter laufen. Auf die Marktmacht der Vermittler reagieren die Hotelkonzerne mit eigenen Angeboten im Internet und Treueprogrammen, ohne durchschlagenden Erfolg.

Die großen Unternehmen verlieren die jüngeren Gäste, die wollen ein anderes Angebot

Gleichzeitig kommt eine völlig neue Konkurrenz auf. Mitwohnzentralen im Internet wie das erfolgreiche Portal AirBnB locken immer mehr Gäste, nicht nur Touristen, sondern zunehmend auch Geschäftsreisende. Auf Zeit werden Zimmer oder ganze Wohnungen und Häuser vermietet. Auch wenn das Angebot nicht immer günstiger und durchaus umstritten ist - einige Städte gehen bereits gegen die privaten Vermieter vor -, so ist es doch erfolgreich. Alleine in New York, eines der großen Reiseziele weltweit, soll AirBnB nach Schätzungen schon für einen Umsatz von fast einer halben Milliarde Dollar sorgen - Tendenz steigend. Das geht vor allem zulasten der Hotels.

Angebote wie AirBnB sind besonders bei jüngeren Gästen beliebt. Gerade hier wächst die Branche, aber die großen Hotelketten konzentrieren sich mit ihrem Angebot nach wie vor auf die etablierte Kundschaft. Gerade die jüngeren Menschen bis etwa 40 Jahre sind besonders mobil und online-affin. Sie aber wollen nicht in teuren, steifen und verstaubt wirkenden Hotels absteigen, sondern suchen günstigere, modernere, designorientierte Herbergen, die ihren Ansprüchen genügen, durchaus auch mit weniger Service. Inzwischen haben sich einige Unternehmen auf dieses lukrative Segment konzentriert, in Deutschland ist beispielsweise der frühere Accor-Manager Dieter Müller mit seiner Kette Motel-One erfolgreich. Die großen Konzerne reagieren inzwischen auch, sind jedoch spät dran. Marriott etwa hat zusammen mit dem Möbelkonzern Ikea den Billig-Ableger Moxy gegründet.

Die Milliardenübernahme von Marriott ist also kein Zeichen der Stärke. Das Grundproblem bleibt: Ein Hotelzimmer ist eine schnell verderbliche Ware - steht es leer, verursacht es nur Kosten. Und das passiert inzwischen immer öfter.

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