Kommentar:Willkommen

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Übernahmen gehören zum Wirtschaftsleben, Investoren sind willkommen, wenn sie Regeln einhalten. Das tun die aus China nicht immer.

Von Caspar Busse

Wie groß und ausgeprägt ist die viel gerühmte Willkommenskultur der Deutschen? Angesichts des aktuellen Zustroms von Flüchtlingen aus den Krisengebieten wird das gerade in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft intensiv diskutiert. Nach der ersten Zustimmung und dem "Wir schaffen das" von Kanzlerin Angela Merkel ist die Euphorie abgeflaut. Nicht viel besser steht es, soweit man diese Dinge überhaupt vergleichen kann, um das Willkommen mancher ausländischer Investoren in der deutschen Wirtschaft.

Zumindest potenzielle Firmenaufkäufer aus China werden derzeit nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Ihnen schlägt seit diesem Sommer Skepsis entgegen. Gerade erst hat eine Studie des Berliner Forschungsinstituts Merics davor gewarnt, dass Chinas Expansionspläne durchaus eine Gefahr für das Wachstum in Deutschland sein könnten. Bei ihrer Suche nach Zukaufsmöglichkeiten haben die chinesischen Investoren vor allem deutsche Technologie im Visier. Im Sommer etwa kaufte Midea, das Unternehmen stellt Klimaanlagen und Waschmaschinen her, für 4,5 Milliarden Euro die Augsburger Firma Kuka, einen der größten Hersteller von Industrierobotern.

Übernahmen sind grundsätzlich ein normaler Teil der Marktwirtschaft

Der Einstieg bei der deutschen Vorzeigefirma war durchaus umstritten, selbst der für Digitales zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger warnte. Auch wenn das Milliardengeschäft dann doch wie geplant zustande kam - die Öffentlichkeit ist seitdem sensibilisiert, die Stimmung dreht, das ist durchaus zu begrüßen. Die Politik sollte es nicht mit einem Achselzucken hinnehmen, wenn oft staatlich gelenkte Unternehmen aus China nach europäischen oder deutschen Technologiefirmen greifen, sich das Land aber gleichzeitig zunehmend abschottet und die Geschäfte ausländischer Unternehmen erschwert.

Die öffentliche Aufmerksamkeit hat Folgen: Chinesische Investoren haben jetzt offenbar das Interesse an der Münchner Lichtfirma Osram verloren, zunächst zumindest. Ein Grund dürfte die öffentliche Diskussion sein, Politik und Arbeitnehmervertreter äußerten Bedenken. Nicht ausgeschlossen, dass die chinesische Verwaltung die Firmen deshalb zurückgepfiffen hat. Die Übernahme des Maschinenbauers Aixtron war zuvor gescheitert, wegen eines Vetos von US-Präsident Barack Obama, der Angst um die Sicherheit seines Landes hatte. Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte seine Unbedenklichkeitsbescheinigung wieder zurückgenommen.

Es ist durchaus richtig, wenn bei den Übernahmen genau hingeschaut wird. Die bestehenden Regelungen, etwa im Außenwirtschaftsgesetz, reichen dazu aus. Einen Ausverkauf von Schlüsseltechnologien können sich Europa und Deutschland nicht leisten. Absolut falsch wäre aber eine verschärfte Abschottungspolitik gegen Investoren, etwa aus Asien.

Wie kaum eine andere Volkswirtschaft profitiert Deutschland vom freien Welthandel. Deutsche Unternehmen, ob groß oder klein, sind international unterwegs, mit durchaus großem Erfolg. Sie akquirieren beinahe täglich auf der ganzen Welt Unternehmen. Prominentes Beispiel ist derzeit Bayer, die Leverkusener übernehmen gerade den umstrittenen amerikanischen Konkurrenten Monsanto für die Rekordsumme von 66 Milliarden Dollar. Aber auch Siemens, SAP oder zuletzt Evonik - sie alle kaufen im Ausland ein.

Umgekehrt werden auch immer wieder deutsche oder europäische Firmen selbst übernommen. Nicht alle Transaktionen werden am Ende zum Erfolg, im Einzelfall kann immer über die Sinnhaftigkeit einer Akquisition diskutiert werden - ganz allgemein sind Übernahmen jedoch ein völlig normaler Teil der Marktwirtschaft. Hier sollte sich der Staat nicht einmischen.

Investoren sollten also durchaus willkommen sein - wenn sie die Spielregeln einhalten. Dazu gehört unter anderem, dass gleiche Bedingungen für alle gelten. Die mehrheitliche Übernahme von chinesischen Unternehmen durch Ausländer ist in der Regel nicht möglich, besonders wenn sie den Politikern in Peking strategisch wichtig erscheinen. Das, was chinesische Investoren in Europa tun, nämlich auf (Technologie-)Einkaufstour zu gehen, ist umgekehrt europäischen Unternehmen in China nicht möglich. Nicht Abschottung, aber gleiche Regeln für alle müssen das Ziel sein. Dafür sollten sich die Politiker massiv einsetzen.

© SZ vom 15.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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