Kommentar:Wider die Selbstbedienung

Kommentar: Meike Schreiber mag an den Sparkassen, dass sie immerhin nie langweilig sind.

Meike Schreiber mag an den Sparkassen, dass sie immerhin nie langweilig sind.

Die Aktionäre haben das Bonussystem der Deutschen Bank durchfallen lassen. Daraus wird der Aufsichtsrat Konsequenzen ziehen müssen.

Von Meike Schreiber

Es klingt so simpel wie einleuchtend: Manager, die hohe Boni kassieren, während sich das von ihnen geführte Unternehmen im schleichenden oder gar offensichtlichen Niedergang befindet, gehören ausgebremst - und zwar zuallererst von den Eigentümern des Unternehmens. Die Manager gewinnen, wenn es gut läuft, sie verlieren, wenn es schief geht: So sollte es sein.

Lange Zeit aber haben sich die Aktionäre rausgehalten. Bei Volkswagen hat es das Management geschafft, sich trotz des Diesel-Skandals mit Traumgehältern zu belohnen. Auch bei der Deutschen Bank steckten sich in den letzten Jahren viele Investmentbanker ihren vermeintlichen Anteil am Gewinn selber in die Tasche, bevor die Aktionäre etwas davon zu sehen bekamen. Diese verfolgten das Spiel lange mit erstaunlicher Lethargie.

Immer noch regieren die Chefs nonchalant an den Aktionären vorbei

Nun aber wachen sie auf, nicht nur in Frankreich, wo die Aktionäre, so wollen es Ministerpräsident Manuel Valls und die Regierung, künftig verbindlich über Boni entscheiden sollen. Auch auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank in dieser Woche demonstrierten die Anteilseigner ihre Macht, indem sie ein neues Bonus-System für den Vorstand durchfallen ließen.

Rechtlich bindend ist die Abstimmung nicht, sie hat aber Signalwirkung. Zunächst einmal nach innen: Denn offenbar hatte es die Deutsche Bank gar nicht für nötig befunden, zu erklären, auf welcher Basis Manager Sonderprämien erhalten oder auch entzogen bekommen. Dass die Aktionäre der Bank vertrauen sollten, weil sie, wie Aufsichtsratschef Paul Achleitner sagte, "immer großes Augenmaß" bewiesen haben, ist schon fast putzig.

Der Vorgang zeigt erneut, wie nonchalant in vielen Chefetagen immer noch an den Aktionären vorbei regiert wird: trotz zahlreicher gut gemeinter Regeln für die Unternehmensführung, im Fachjargon Corporate Governance genannt. Bei VW musste erst ein Rebell wie der britische Finanzinvestor Chris Hohn auf die Bühne treten, damit die Probleme alle beim Namen benannt werden. Bei der Deutschen Bank, zu deren Leitbildern eigentlich der Shareholder Value gehört, hatte man es schlichtweg versäumt, zuvor die Meinung der Aktionäre einzuholen. Diese reagierten mit einem Schlagabtausch auf offener Bühne.

Ohnehin herrscht bei Deutschlands größter Bank derzeit der Eindruck vor, die Anteilseigner seien den Bankvorständen - gerade jetzt in der tiefen Krise - ziemlich egal. Das gilt für die vielen Privatanaleger, die wohl nur noch aus Neugierde auf den neuen Vorstandschef John Cryan zur Hauptversammlung kamen, ebenso wie für die Großanleger. Eine Argumentation, die man in den Doppeltürmen in Frankfurt häufiger hört, lautet: Die meisten großen Fonds mögen die Papiere bereits verkauft haben, die verbliebenen aber seien quasi gezwungen, die Aktien zu halten, weil sie einen Index wie den Dax nachbildeten. Tiefer könne es also nicht gehen. Das kann man so sehen. Sollte die Bank aber erneut Kapital brauchen, wird sich diese Haltung rächen.

Aufsichtsratschef Paul Achleitner wird aus der Abstimmungsniederlage Konsequenzen ziehen müssen. Noch auf der Hauptversammlung verkündete er: "Wir nehmen die kritischen Anmerkungen sehr ernst und werden diese eingehend prüfen." Das neue Bonus-System, so viel ist sicher, wird er transparenter gestalten müssen. Wenn der Bonus - wie zuletzt - eben einmal ausfällt, weil die Zahlen schlecht sind, wird das die neuen Vorstände der Bank nicht davon abhalten, ihr Bestes zu geben. Es sind gestandene Persönlichkeiten, die auch ohne Boni immer noch sehr, sehr gut verdienen.

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