Kommentar:Wenn ein Betriebsrat droht

Eine Arbeitnehmervertretung kann Firmen erfolgreicher machen. Und doch trägt das Thema Betriebsrat zuweilen auch bizarre Züge.

Marc Beise

Unternehmen mit Betriebsrat sind erfolgreicher als solche ohne Betriebsrat, sagt eine neue Studie aus Hannover.

Allerdings kam der Auftrag für diese Untersuchung von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Auf den ersten Blick glaubwürdiger sind Studien, die gerade nicht das Ergebnis erbringen, das der Auftraggeber lesen möchte.

Dennoch: Die Aussage entspricht der Erfahrung der Praxis. Ein kompetenter Betriebsrat, der das Wohl des Unternehmens insgesamt im Blick hat, stärkt den Betriebsfrieden.

Die Drei von SAP

Wo es einen Betriebsrat gibt, wird laut Studie eher mit flexiblen Zeiten gearbeitet und leistungsorientiert bezahlt. Selbst viele Unternehmer preisen ihren Betriebsrat - immer dann, wenn sie sich über den Einfluss der übergeordneten Gewerkschaften erregen.

Leider gibt es auch eine hässliche Seite des Themas: Betriebsräte, die nur an ihren eigenen Pfründen interessiert sind oder ihr Amt als Möglichkeit zum Klassenkampf betrachten.

In die Abteilung "Das darf doch nicht wahr sein" gehören die Vorgänge beim Softwarekonzern SAP. Geradezu renitent mutet das Verhalten jener drei Mitarbeiter an, die einen Betriebsrat erzwingen wollen.

SAP ist binnen weniger Jahrzehnte ohne ein solches Gremium zum größten europäischen Softwarehaus geworden, mehr noch: zu einem deutschen Vorzeigekonzern. SAP mit 13.000 Mitarbeitern in Deutschland ist aber auch das größte Unternehmen ohne Betriebsrat - das raubt manchem IG-Metall-Funktionär den Schlaf.

Und was nicht sein darf, soll nicht sein. Obwohl sich bei einer Betriebsversammlung in der vergangenen Woche von 5632 Anwesenden 5123 gegen ein solches Gremium ausgesprochen haben, ziehen jetzt drei Mitarbeiter mit eifriger Unterstützung der IG Metall vor Gericht. Das Schlimme: Sie werden wohl Recht bekommen.

Nach Paragraf 17 Absatz 4 des Betriebsverfassungsgesetzes kann ein Betriebsrat gegen den Willen der Belegschaft eingerichtet werden. Allen Ernstes können drei Arbeitnehmer einen Wahlvorstand einsetzen lassen, der eine Betriebsratswahl organisiert.

Das Gesetz mag für Ausnahmefälle seinen Wert haben, wenn womöglich ein tyrannischer Firmenchef seine Mitarbeiter in Angst und Schrecken hält - was bei SAP mit seinem anerkannt guten Betriebsklima sicher nicht der Fall ist.

Nicht alles, was rechtlich möglich ist, ist auch vernünftig. Bei SAP sind einige Überzeugungstäter dabei, die Debatte um den Einfluss von Gewerkschaften in der Wirtschaft anzuheizen - aber in ganz anderer Richtung, als sie sich das vermutlich vorstellen.

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