Kommentar:Weniger Filialen, mehr Internet

Kommentar: undefined

Fast alle Banken haben bislang den Sprung ins digitale Zeitalter versäumt. Die Institute überlassen das Feld den Start-ups, den sogenannten Fintechs.

Von Andrea Rexer

So richtig sexy sind Banken nicht. Was sie zu bieten haben, lässt sich nicht anfassen. Neidisch blickt die Deutsche Bank da auf Autohersteller wie Audi & Co., die in schicken Museen ihre Produkte ausstellen können. Hätte man doch nur so etwas wie einen auf Hochglanz polierten Sportwagen, mit dem man den Kunden ein Leuchten in die Augen zaubern kann! Bei einer Bank gibt es nur ein paar Zahlen. Und die sind derzeit bei den niedrigen Zinsen auf den Sparbüchern oft noch nicht einmal sonderlich erfreulich. Also legt sich die Deutsche Bank ins Zeug und versucht am Hauptsitz in der Frankfurter Taunusanlage mit einem "brand space", also einem Raum für die Marke, zumindest ein wenig mit den Herstellern toller Produkte mitzuziehen. Für die Öffentlichkeit zugänglich wird hier das Logo der Bank präsentiert, in sämtlichen Kunstformen. Doch ob der Anblick eines an Seidenfäden durch die Luft schwebenden Logos tatsächlich Begeisterung und Identifikation mit der Marke schaffen kann? Wohl kaum.

Banken tun sich schwer damit, eine Brücke zu ihren Kunden zu schlagen. Glaubt man Umfragen, so gibt es für Banken nur einen Weg ins Herz ihrer Kunden: über ihre Filialen. Denn zu ihrem eigenen Kundenberater haben die Deutschen immer noch Vertrauen, Finanzkrise hin oder her. Zu ihrer Bank als Institution hingegen viel weniger.

Das sollte die Deutsche Bank nicht vergessen, wenn sie darüber nachdenkt, die Anzahl ihrer Privatkunden-Filialen massiv zu reduzieren oder gar den kompletten Bereich abzuspalten und an die Börse zu bringen, wie es derzeit zur Diskussion steht. Im Extremfall hätte sie überhaupt keine Filialen mehr. Und gerade die Deutsche Bank versucht doch, ihr Ansehen in der Bevölkerung zu verbessern. Ohne Privatkundenberater dürfte ihr das noch schwerer fallen.

Die Banken verschlafen, wo die neue Filiale für die Kunden ist: auf dem Smartphone

Lohnender wäre es da, wenn sich die Deutsche Bank bemühen würde, ihren Kundenauftritt attraktiver zu machen. Im Gegensatz zu anderen Banken hat der Branchenprimus hier lange geschlafen. Andere Institute haben schon längst begonnen, ihre Filialen zu modernisieren und das Netz auszudünnen. Das ist kein Widerspruch. Denn die Bedürfnisse der Kunden ändern sich. Heute muss nicht mehr an jeder Ecke eine Bankfiliale stehen. Die Nachfrage der Kunden ist in den vergangenen Jahren stark gesunken, weil sich der Lebensstil verändert hat - und zwar nicht nur jener der jungen Generation. Auch ältere Kunden nutzen die Vorzüge des Online-Bankings, um Zeit zu sparen, wenn es um Standardprozesse wie Überweisungen geht. Sie nutzen Filialen ganz anders als früher. Sie suchen sie nicht mehr für alltäglichen Zahlungsverkehr auf, sondern dann, wenn sie beratungsintensive Entscheidungen treffen müssen.

Zu einem modernen Filialsystem gehört zwingend, dass es auch im Internet, auf dem Smartphone und dem Tablet eine Bankfiliale gibt. Und damit ist nicht der Standard-Online-Auftritt gemeint. Entscheidend sind clevere Anwendungen, die Geldgeschäfte aller Art erleichtern. Doch das haben so gut wie alle Banken bislang versäumt. Warum ist der persönliche Kundenberater nicht per Videotelefonie erreichbar? Warum kann der Kunde einer der größeren Banken nicht direkt über das Bankportal günstig Geld ins Ausland überweisen? Oder Kleinstbeträge mit Freunden aufsplitten und gemeinsam bezahlen?

Die Institute überlassen hier das Feld völlig den Start-ups, den sogenannten Fintechs. Damit verspielen sie die Chance, sich bei den Kunden nützlich zu machen. Und damit beliebt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: