Kommentar:Trump, der Klimawandler

Ein Jahr ist seit dem überraschenden Wahlerfolg des Populisten vergangen - Zeit, Bilanz zu ziehen. So schlimm wie anfangs befürchtet fällt die zwar nicht aus. Doch es gibt durchaus Veränderungen.

Von Nikolaus Piper

Ein Jahr ist der Trump-Schock jetzt alt, das Entsetzen über die Wahl eines Rechtspopulisten in das mächtigste Amt auf dem Globus. Nun lässt sich Bilanz ziehen, und da fallen zunächst einige gute Nachrichten auf. Die wichtigste: Trump hat zwar über Handelspartner der Vereinigten Staaten geschimpft, über China, Mexiko, auch auf Deutschland. Aber er hat, (bisher) nicht das multilaterale Welthandelssystem gesprengt. Das ist nicht selbstverständlich Ja, er ist aus dem Freihandelsabkommen mit den Pazifik-Anrainern (TPP) ausgestiegen und hat das transatlantische Abkommen TTIP sterben lassen. Aber damit hat er nur das getan, wofür zuvor Hunderttausende auf die Straße gegangen waren. Die Welthandelsorganisation WTO hat er unangetastet gelassen. Antidumpingverfahren wie jetzt gegen Kanada wegen angeblicher Subventionen für Flugzeugteile sind zwar nicht schön, waren aber schon vor Trump gängige Praxis. Jedenfalls sehen deutsche Unternehmer - das wurde auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel in Berlin deutlich - keinen Grund, sich mit Investitionen in den USA zurückzuhalten.

Die Börsen hatte Trumps Wahlsieg in Euphorie versetzt. In einer regelrechten Trump-Rally setzten die Investoren auf die Wachstumseffekte der versprochenen Steuersenkungen und Deregulierungen. Inzwischen ist klar, dass Trump viele seiner innenpolitischen Versprechen nicht einlösen kann, unter anderem wegen des desolaten Zustands der Republikanischen Partei, für die seine Präsidentschaft wiederum ein Symbol ist. Wie die Chancen seines neuen Entwurfs für eine Steuerreform sind, wird man vielleicht am Ende dieser Woche wissen. Trotz dieser Unsicherheiten - und das ist eine weitere gute Nachricht - geht der Aufschwung weiter, in den USA selbst und in den meisten anderen Industrieländern auch. Mittlerweile ist die Konjunkturerholung, die nach der Finanzkrise 2009 begonnen hat, eine der längsten seit dem Zweiten Weltkrieg.

Die USA schufen ein Machtvakuum, das China zielstrebig nutzt

Was sich wirklich geändert hat, ist das Klima der Weltwirtschaft in einem sehr weiten Sinne. Die Vereinigten Staaten haben aufgehört, der Garant des multilateralen, regelgebundenen Welthandels zu sein. Trump schuf ein Machtvakuum, das die Volksrepublik China konsequent und zielstrebig nutzt. Die USA fallen als Gestalter aus, man ist froh, wenn keine absurden Ideen aus Washington kommen. Ein kritischer Punkt könnte das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta werden. Offiziell, und anders als von Trump angekündigt, verhandeln US-Amerikaner, Kanadier und Mexikaner nicht über die Auflösung von Nafta, sondern über dessen Modernisierung. Aber einiges, was die US-Unterhändler dazu auf den Tisch gelegt haben, können die anderen unmöglich akzeptieren, etwa eine Klausel, wonach der Nafta-Vertrag automatisch nach fünf Jahren auslaufen und neu verhandelt werden müsste. Gut möglich, dass Trump mit diesem Vorschlag Nafta doch noch sprengt.

Und schließlich die Steuerpolitik. Trumps neue Steuerreform, die gerade vom US-Repräsentantenhaus gebilligt wurde, ist im Kern moderat und vernünftig. Die Sätze der Unternehmensteuern hätten schon vor Jahren gesenkt werden müssen. Den moderaten Vorschlag garniert Trump jedoch mit Steuergeschenken für die Superreichen, zu denen er selbst gehört. Bestes Beispiel ist die geplante Abschaffung der Erbschaftsteuer - wirtschaftlich ohne jede Begründung und klar gegen die amerikanische Tradition gerichtet, in der selbstgeschaffener Reichtum immer mehr galt als ererbter. Und dies bei einem Präsidenten, der die Wahl auch mit sozialer Demagogie gewonnen hat. Auch so etwas ändert das Klima in der Wirtschaft, es wird zynisch.

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