Kommentar:Sag's einfach

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Die Sprache der Manager ist oft kaum zu verstehen. Es ist eine Unkultur, dass im deutschen Bildungswesen so wenig Wert darauf gelegt wird, wie sich jemand ausdrückt. Dabei müsste es darum gehen, Botschaften klar und deutlich zu vermitteln.

Von Helmut Martin-Jung

Irgendwann wurde es Tom Davis einfach zu viel. Der Wissenschaftler, angestellt bei einem amerikanischen Computerhersteller, ärgerte sich dermaßen über die Worthülsen, mit denen er bei einem Arbeitstreffen zugemüllt wurde, dass er sich fürs nächste Mal ein kleines Spiel ausdachte. Er schrieb ein Programm, das eine Menge nichtssagender Begriffe und Floskeln auf Karten druckte, hübsch aufgeteilt in Zeilen und Spalten. Die Idee: Immer wenn alle Begriffe einer Spalte oder Zeile gefallen waren, sollte der Erste, der's merkte, Bingo rufen.

Es ist sicher kein Zufall, dass das Buzzword-Bingo, oder wie es später genannt wurde, das Bullshit-Bingo, in den USA erfunden wurde. Zwar empfindet man es im angloamerikanischen Kulturraum als unhöflich, wenn man nach deutscher Gewohnheit Dinge geradeheraus anspricht. Ein Unternehmensgründer aber, der bloß gestanzte Formulierungen von sich gibt, der nicht vermitteln kann, wohin er seine Firma führen will, hätte dort keine guten Erfolgsaussichten. Und ein Uni-Professor, der nur langweilig vor sich hin brabbelt, ebenso wenig. Die Deutschen sollten statt vieler englischer Begriffe, für die es ebenso gute deutsche gibt, lieber etwas von dieser Kultur der Verständlichkeit übernehmen.

Es muss darum gehen, die wichtigsten Botschaften zu vermitteln

Eine Unkultur ist es tatsächlich, dass man im deutschen Bildungswesen so wenig Wert darauf legt, wie sich einer ausdrückt. Wenn vor allem die Inhalte zählen, viel weniger aber, wie sie vermittelt werden, sollte eigentlich klar sein: Von diesen Inhalten werden viele wenig verstehen und es wird noch weniger hängen bleiben. Wer einmal erlebt hat, wie auf einem Kongress am Ende vor allem der Vortrag des einen Amerikaners auf der Bühne im Gedächtnis haftete, weiß, was hier gemeint ist. Dessen Präsentation verzichtete vielleicht auf das eine oder andere Detail, dafür aber nahmen doch die meisten die Hauptbotschaft mit - und darum sollte es ja eigentlich gehen.

Anerzogene Faktenhuberei oder auch die nicht genug geübte Fähigkeit, verständlich zu kommunizieren, das ist das eine. Es gibt aber auch etwas anderes, die bewusste Verschleierung. Veranstaltungen wie etwa eine Aktionärsversammlung können für die Vorstandsmitglieder durchaus anstrengend sein. Also versuchen manche, sich mit juristisch wasserdichten Formulierungen und Wortungetümen aus dem Setzkasten des Managersprechs aus der Affäre zu ziehen. Die Hoffnung ist: Je komplizierter und nebulöser man sich ausdrückt, desto weniger unangenehme Fragen werden gestellt.

Dabei weiß man aus vielen Untersuchungen, dass von Vorgesetzten vor allem eines erwartet wird: Klarheit. Es kann daher nur gut sein, wenn mehr deutsche Spitzenmanager lernen, klar und verständlich zu sprechen, wie aus einer vor Kurzem veröffentlichten Studie hervorgeht. Wer den Mitarbeitern im wahrsten Sinne des Wortes erklären kann, wo es hingeht, wird eher die Bereitschaft der Leute wecken, diesen Weg mitzugehen. Vor allem dann, wenn es nicht bei schönen Worten bleibt, sondern das Management auch so handelt.

Aber nicht nur in der internen Kommunikationen hilft Klarheit, auch im Dialog mit den Kunden. Im Zeitalter des stetig drohenden Fäkaliengewitters aus den sozialen Medien tun Firmen sehr gut daran, etwa einen Fehler zuzugeben, zu sagen, was man dagegen tun will, anstatt sich hinter nichtssagenden Entschuldigungsfloskeln zu verstecken. Oder, schlimmer noch, offensichtliches Versagen herunterzuspielen. Die Kunden durchschauen das viel leichter, als es vielen Firmenchefs bewusst ist. Wichtig ist übrigens auch, dass die Unternehmen nicht bloß denken, sie würden verständlich kommunizieren. Es zählt nur, wie die Kunden es aufnehmen.

Natürlich kommen Firmenchefs auch in Situationen, wo es sich empfiehlt, eher diplomatisch verklausuliert zu sprechen. Dass aber viele Unternehmen in der Öffentlichkeit einen schlechten Ruf haben, liegt einerseits an der Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen. Andererseits aber an der Art, wie sie in der Öffentlichkeit auftreten. Da an brauchbaren PR-Beratern eigentlich kein Mangel herrscht, muss man vermuten, dass es den Bossen an Einsicht fehlt. Bitte dringend ändern!

Noch ein kleiner Lacher zum Schluss gefällig? Mit einem Video wollten Vorstandsmitglieder eines deutschen Haushaltsgeräte-Herstellers vor knapp einem Jahr neue Funktionen ihrer Herde und Kühlschränke bewerben. "Der Clou ist", lobte einer davon die neuen Öfen, "mit Remote Diagnostic, wenn aus welchen Gründen auch immer im seltenen Fall der Ofen mal nicht funktioniert - die Elektronik wird mit Remote Diagnostic geflasht." Muss man haben, oder?

© SZ vom 23.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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