Kommentar:Riskante Bankenfusion

Die deutsch-französische Freundschaft keimt wieder auf und macht Fusionen der Zugsparten von Siemens und Alstom möglich. Eine Fusion zwischen Commerzbank und einer französischen Bank wäre dagegen riskant.

Von Meike Schreiber

Die neu aufkeimende deutsch-französische Freundschaft macht einiges möglich: eine grenzüberschreitende Fusion wie die der Zugsparten von Siemens und Alstom etwa. So etwas wäre lange kaum denkbar gewesen.

Warum also nicht auch eine deutsch-französische Bankenfusion? Darüber wird in Frankreichs Finanzbranche tatsächlich nachgedacht. BNP Paribas, Crédit Agricole, Société Générale: Alle drei Großbanken liebäugeln zumindest inoffiziell mit einer größeren Übernahme in Deutschland. Im Blick haben sie die Commerzbank, Deutschlands zweitgrößte Privatkundenbank, an der der Bund noch mit 15 Prozent beteiligt ist.

So sinnvoll solche Zusammenschlüsse in vielen Branchen und Konstellationen sein können, wenn es darum geht, ein europäisches Schwergewicht gegen Konkurrenz aus Fernost zu schaffen, so riskant jedoch wäre eine Fusion der genannten Geldhäuser. Es wäre nachteilig wohl nicht nur für die Beteiligten, sondern auch für die gesamte deutsche Wirtschaft.

Ein Verkauf der Commerzbank hätte wohl Folgen für die Mittelstandsfinanzierung

Zum einen ist die Commerzbank längst noch nicht reif für eine derart komplizierte Operation, die erst einmal weite Teile der Belegschaft vom Geschäft ablenkt und die Führungsmannschaft verscheucht. Seit Jahren schleppt sich die Commerzbank von einem Umbau zum nächsten, ohne dass die notorisch niedrige Profitabilität dadurch steigt. Bis 2020 will Vorstandschef Martin Zielke nun weitere 7000 Stellen abbauen, Sparten zusammenlegen und die IT runderneuern.

Außerdem entstünde in jeder der genannten Konstellationen ein komplexer Konzern mit einer enorm großen Bilanzsumme. Aller neuen Regeln zum Trotz könnte so ein Gebilde bei einer Schieflage wohl kaum ohne Steuergeld abgewickelt werden. Folgerichtig müssen derartige Riesenbanken deutlich mehr Eigenkapital vorhalten, was wiederum teuer ist.

Auch kulturell ist es nicht trivial, Banken über die Grenzen hinweg zu verschmelzen. Bei der Commerzbank jedenfalls knabbern sie immer noch an den Folgen der Fusion mit der gar nicht so andersartigen Dresdner Bank vor acht Jahren. Noch immer lassen viele Ex-Dresdner-Banker, die heute bei der Commerzbank arbeiten, durchblicken, dass sie auch andere Zeiten kennen. Aus ihrer Sicht war die Commerzbank immer ein wenig gewöhnlich, während man sich selbst als Institut für die Besserverdienenden verstand. So etwas kann Konzerne lähmen. Zwar werden solche Argumente gerne auch von den Managern selbst vorgebracht, die um ihre Macht fürchten. Doch das macht sie nicht gleich völlig abwegig.

Das wichtigste Gegenargument aber betrifft das Geschäftsmodell: Abgesehen vielleicht von der italienischen Unicredit, die ebenfalls an der Commerzbank interessiert ist, könnte keine der französischen Banken in Deutschland nennenswerte Kostenvorteile heben. Zwar verfügt allen voran die BNP bereits über ansehnliche Marktanteile in Deutschland. Aber im Privatkundengeschäft gibt es nicht viel, was man zusammenlegen könnte.

Die Gefahr bestünde daher, dass die neue Bank nach der Übernahme hektisch gegensteuern müsste, um ihre Profitabilität zu halten. Dann aber könnte sie zum Beispiel das Mittelstandsgeschäft in Deutschland zurückfahren. Wegen des harten Wettbewerbs sind die Gewinnmargen hier traditionell mit bloßem Auge kaum erkennbar, was sich für die kleinen und mittelgroßen Unternehmen wiederum in enorm günstigen Finanzierungen niederschlägt. Die Commerzbank aber ist hier als größter Mittelstandsfinanzierer des Landes quasi systemrelevant. Ob das so bliebe? Eine Garantie gibt es nicht.

Das alles weiß man auch in Berlin: Die neue Bundesregierung wird den Commerzbank-Anteil daher nicht leichtfertig aus der Hand geben, zumal ein Verkauf zum aktuellen Aktienkurs auch für die Steuerzahler ein großes Verlustgeschäft wäre. Eher schon wird man sich die Option für eine spätere Fusion mit der Deutschen Bank offen halten. Andersherum gedacht würde ein Zusammenschluss von BNP und Commerzbank schließlich die Deutsche Bank weiter schwächen.

Grenzüberschreitende Bankenfusionen mögen eine gute Sache sein, sofern der Euroraum erhalten bleibt. Sie helfen, die Bankenunion zu vollenden. Doch sollten sie gut überlegt sein. Ideal sind Verbindungen fokussierter Institute wie die der Pariser Privatbank Oddo, die sich die Frankfurter BHF einverleibte. In überschaubaren Einheiten kann das Zusammenwachsen sogar Spaß machen: Als Bankchef Philippe Oddo vor ein paar Tagen in Frankfurt zum Buchmesse-Empfang einlud, trat auch der Betriebschor auf: Man sang die Ode an die Freude, auf Deutsch und Französisch.

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