Kommentar:Reagan reloaded

Kommentar: Ulrich Schäfer hat seit Mitte der 1990er schon viele Währungskrisen verfolgt. Illustration: Bernd Schifferdecker

Ulrich Schäfer hat seit Mitte der 1990er schon viele Währungskrisen verfolgt. Illustration: Bernd Schifferdecker

Auch der frühere US-Präsident Ronald Reagan hat den Spitzensteuersatz gesenkt. Geschadet hat diese Politik vor allem der Mittelschicht. Das könnte sich nun wiederholen.

Von Ulrich Schäfer

Donald Trump hat im Wahlkampf den Eindruck erweckt, als werde er eine Politik für den kleinen Mann machen. Doch in Wahrheit wird der künftige Präsident der USA, sollte er tatsächlich umsetzen, was er versprochen hat, eine Politik machen, die vor allem den Reichen nützt. Nirgends lässt sich das besser festmachen als an der Steuerpolitik. Trump will den Spitzensteuersatz drastisch senken, von knapp 40 auf nur noch 33 Prozent - und damit Besserverdiener begünstigen. Er will zudem die Unternehmen massiv entlasten, weil er glaubt, dass all dies die Wirtschaft in Schwung bringen und deshalb alle am Ende davon profitieren werden, auch die Armen. "Trickle down" nennt sich dieses Prinzip: Was oben verdient wird, soll nach unten durchsickern; was den Reichen und Besserverdienern zufließt, soll am Ende auch der Mittelschicht und den Armen nutzen. Wenn es so einfach wäre!

Was Trump plant, erinnert auf fatale Weise an jene Politik, die vor drei Jahrzehnten auch Ronald Reagan verfolgt hat: Der konservative Republikaner hat damals - so wie es Trump nun vorhat - mit staatlichen Investitionen die Konjunktur angekurbelt, vor allem die Ausgaben für das Militär hat Reagan drastisch erhöht, etwa mit seinem "Star-Wars"-Programm. Zugleich hat Reagan eine neoliberale Wende in der Steuerpolitik eingeleitet und die Sätze für Besserverdiener massiv gesenkt. Dies werde, versprach er, den Staat am Ende nichts kosten, weil die Wirtschaft dadurch angekurbelt werde und unterm Strich mehr Geld in die Kassen des Fiskus fließe. Arthur Laffer war damals Reagans wichtigster Berater: ein junger Ökonom von der University of Southern California in Los Angeles, der fest überzeugt war von den Wirkungen einer solchen Angebotspolitik. Die nach ihm benannte Laffer-Kurve besagte: Es gibt einen optimalen, nicht allzu hohen Steuersatz, bei dem die Wirtschaft am besten floriert und der Staat mehr Geld einnimmt als bei allen höheren Sätzen. Der Staatshaushalt werde also durch massive Steuersenkungen nicht ruiniert.

Der 40. Präsident hat eine Ära neoliberaler Politik eingeleitet, die der Mittelschicht schadet

Indes: Laffers schöne Theorie funktionierte in der Praxis nicht, und auch nicht die Idee des "Trickle down". Am Ende von Reagans zweiter Amtszeit 1989 hatten zwar 17 Millionen Amerikaner mehr als bei seiner Wahl acht Jahre zuvor einen Job, doch die Staatsschulden hatten sich in der Zeit verdoppelt - und vor allem: Die Reichen waren vom Rest der Gesellschaft noch weiter entrückt als zuvor.

Die sogenannten Reaganomics haben am Ende nicht der Mittelschicht genützt, sondern deren Probleme eher verschärft, und zwar nicht nur in den USA, sondern auch in vielen anderen Ländern, die - angestachelt durch die USA - ebenfalls ihre Steuersätze massiv gesenkt haben. Reagan hat jene Ära neoliberaler Politik eingeleitet, die viele von Trumps Wählern nun beendet sehen wollen.

Bemerkenswert ist auch, dass Trump im Wahlkampf seine Gegenspielerin Hillary Clinton massiv attackiert hat, weil sie der Wall Street zu nahe sei, nun aber ernsthaft erwägt, einen Wall-Street-Banker zum Finanzminister zu machen. Mehrere Namen kursierten in den vergangenen Tagen, unter anderem jener von Jamie Dimon, Chef der Investmentbank J.P. Morgan. Dimon hat inzwischen zwar abgesagt.

Und doch zeigt auch dies: Trumps Politik dürfte, entgegen aller Rhetorik, am Ende vor allem jenen in den USA nützen, denen es ohnehin schon gut geht - und damit das Land weiter spalten. Für die verlorene Mitte Amerikas hingegen, der der Milliardär angeblich helfen will (was eigentlich auch dringend nötig wäre), könnten die "Trumponomics" zu einer großen Enttäuschung werden.

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