Zinsentscheidung:Hoch mit den Zinsen!

Janet Yellen

Janet Yellen, Chefin der US-Zentralbank Fed, wird die Zinsentscheidung verkünden.

(Foto: AP)

US-Notenbankchefin Yellen dürfte am heutigen Mittwoch die Zinsen erhöhen - trotz der Kritik von Donald Trump.

Kommentar von Claus Hulverscheidt

Es wird wohl einer dieser Fälle werden, bei denen Donald Trump am Ende mit kindlichem Triumphgeheul verkündet, er habe es ja von Anfang an gesagt: Kaum bin ich gewählt, so wird es heißen, hebt die Notenbank die Zinsen an. Was auch sonst, schließlich hatte der künftige US-Präsident im Wahlkampf stets behauptet, Fed-Chefin Janet Yellen halte die Leitsätze künstlich niedrig, um das Konjunkturbild zu schönen und Hillary Clinton ins Weiße Haus zu verhelfen.

Dass das immer Unfug war, dass Yellen im zinspolitischen Ausschuss der Fed nur eine von zehn Stimmen hat, dass es gute geldpolitische Gründe gegen einer Erhöhung gab - all das spielt in Trumps Schwarz-Weiß-Welt keine Rolle. Seine Anhänger werden den Notenbankbeschluss, so er denn an diesem Mittwoch wie erwartet fällt, vielmehr als weiteren Beleg für die Verdorbenheit des "Systems" und die Weitsicht ihres Hoffnungsträgers werten.

Natürlich könnten es sich die Notenbanker leicht machen und die Entscheidung noch einmal vertagen, schließlich ringen sie jetzt schon ganze zwölf Monate mit sich, wann der richtige Moment für die zweite Zinserhöhung seit mehr als zehn Jahren gekommen ist. Auf zwei, drei Monate, so könnte man meinen, kommt es da auch nicht mehr an. Doch das wäre ein Fehler, wirtschaftlich wie politisch. Die Fed sollte handeln - und zwar jetzt.

Das Resultat der Präsidentschaftswahl spielt dabei - zunächst einmal - gar keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr das Konjunkturbild, das deutlich heller erscheint, als es der begabte Schwarzmaler Trump im Wahlkampf gezeichnet hat. Das lange so anämische Wirtschaftswachstum hat in den vergangenen Monaten spürbar an Widerstandskraft und Dynamik gewonnen.

Die Arbeitslosenquote ist - bei allen Einwänden, die man gegen die amtliche Statistik berechtigterweise ins Feld führen kann - mit 4,6 Prozent auf den niedrigsten Stand seit neun Jahren gefallen. Immer mehr US-Firmen haben Probleme, geeignetes Personal zu finden. Das Ergebnis sind spürbar steigende Löhne. Da sich parallel dazu auch die Energiepreise deutlich stabilisiert haben, nähern sich die wichtigsten US-Inflationsindizes dem Zielwert der Fed von zwei Prozent immer weiter an. Manche von ihnen haben die Marke sogar schon überschritten.

Gleichzeitig wissen die Anlagemanager auf den Finanzmärkten nach wie vor nicht, wohin mit dem vielen billigen Geld, das ihnen die Notenbanken der Welt in den letzten Jahren zur Verfügung gestellt haben. Die Aktienmärkte eilen von Rekord zu Rekord, der Hauspreisindex des Internationalen Währungsfonds für fast 60 Industrie- und Schwellenländer hat fast das Niveau von 2008 erreicht - jenem Jahr, in dem die Immobilienblase platzte. Mit jedem Monat, den die Fed jetzt noch wartet, steigt die Gefahr, dass sie der Entwicklung bald schon hinterherhechelt und in der Folge deutlich größere Zinsschritte unternehmen muss, um die Teuerungsrate im Griff zu behalten.

Trumps Wirtschaftspolitik könnte die Inflation anheizen

An dieser Stelle nun kommt Donald Trump ins Spiel, der vom ersten Tag seiner Präsidentschaft an mit dem Fuß fest auf dem Inflations-Gaspedal stehen wird. Auch wenn die Details seines Wirtschaftsprogramms noch ungewiss sein mögen - die Folgen der geplanten Steuersenkungen sowie der milliardenschweren Mehrausgaben für Infrastruktur und Militär sind absehbar: kurzfristig mehr Wachstum, langfristig ein höheres Staatsdefizit und steigende Preise. Sollte Trump darüber hinaus tatsächlich Einfuhren aus Billiglohnländern mit Zöllen belegen, käme mit den steigenden Importkosten für die US-Industrie und die Verbraucher ein weiterer Inflationstreiber hinzu.

Trotz all dieser eindeutigen Signale gibt es immer noch Ökonomen, die vor einem verfrühten, die Konjunktur angeblich destabilisierenden Zinsschritt warnen. Sie alle übersehen jedoch einen entscheidenden Punkt: Selbst wenn die Fed ihre Tagesgeldzielspanne von gegenwärtig 0,25 bis 0,5 Prozent bis Ende 2018 (!) sechs Mal um jeweils einen viertel Punkt anheben würde, wovon die Notenbanker ausweislich ihrer Sitzungsprotokolle zuletzt selbst ausgingen, läge die Obergrenze mit zwei Prozent immer noch weit unter dem historischen Durchschnitt.

Zwar hat sich der sogenannte Gleichgewichtszinssatz, jene Marke also, bei der die Geldpolitik das Wachstum weder aktiv befeuert noch bremst, durch die fehlende wirtschaftliche Dynamik der letzten Jahre gewiss nach unten verschoben. Ein wenig Luft, um den leeren Zinsköcher wieder zu füllen, dürfte der Fed aber bleiben.

Ein solches Wiederaufrüsten ist dringend nötig, damit die Notenbank beim nächsten Abschwung nicht völlig ohne Munition da steht. Auch der künftige Präsident müsste daran ein Interesse haben.

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