Schuldenkrise:Ein Grexit kann die EU zerstören

Griechische Fahne und Europa-Fahne

Noch immer ist der IWF bei der Griechenland-Rettung nicht an Bord.

(Foto: dpa)

Die EU-Finanzminister müssen endlich den IWF an der Griechenland-Rettung beteiligen. Sonst droht Europa die nächste fundamentale Krise.

Kommentar von Alexander Mühlauer

Wie gut, dass es noch Politiker gibt, die ihre Haltung eindeutig formulieren können. Ein Paradebeispiel, wie man das macht, lieferten die Euro-Finanzminister am 14. August 2015. In einer Erklärung zur Krise in Griechenland schrieben sie: "Die Euro-Gruppe ist der Auffassung, dass die weitere Beteiligung des IWF am Programm unabdingbar ist." So weit, so klar. Das Problem ist nur: Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist noch immer nicht an Bord. Und so müssen sich die Minister bei ihrem Treffen an diesem Donnerstag mal wieder fragen lassen, wann sie denn endlich ihr Versprechen einlösen. Oder ob sie es doch brechen müssen.

Eine einfache Lösung für das IWF-Dilemma der Euro-Staaten gibt es nicht. Aber immerhin zwei Möglichkeiten. Die eine ist wünschenswert, die andere ist realistisch. Also, mal angenommen die Beteiligten des Griechenland-Puzzles dürften sich etwas wünschen, dann würden sie den IWF am liebsten durch eine europäische Kontrollinstanz ersetzen, den Euro-Rettungsfonds ESM. Denn rein finanziell betrachtet, sind die Europäer nicht auf die IWF-Milliarden angewiesen. Und auch technisch ist der ESM inzwischen so weit, dass er die Rolle eines europäischen Währungsfonds ausfüllen könnte. Leider ist diese Vorstellung nicht realistisch, zumindest noch nicht. Gut möglich, dass die Europäer diesen Weg nach Abschluss des laufenden Kreditprogramms wählen werden, aber eben erst dann.

Die Realität im Jahr 2017 sieht anders aus. Es gilt das zitierte Versprechen, die Euro-Staaten haben sich dazu verpflichtet, den IWF an Bord zu holen. Diese unverrückbare Bedingung steht nicht nur in der Erklärung vom August 2015, auch der Bundestag und andere nationale Parlamente haben im festen Vertrauen auf eine IWF-Beteiligung dem Multi-Milliarden-Paket für Athen zugestimmt. Würde der IWF nun durch den ESM ersetzt, müsste nicht nur der Bundestag darüber abstimmen. Das wiederum will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verhindern, denn schließlich bietet die Griechenland-Krise seit jeher innenpolitischen Sprengstoff, den die AfD freudig zünden könnte. Ein ganz ähnliches Szenario würde in Holland drohen. Die Niederländer wählen bereits im März, und Wilders' Rechtspopulisten werden wohl die stärkste Partei.

Es führt also kein Weg daran vorbei: Der IWF muss beim laufenden Programm dabei sein. Nur: Wer das will, muss auch die Bedingungen des Fonds akzeptieren. Ganz oben steht dabei die Frage, ob Griechenlands Schulden tragfähig sind. Die Euro-Staaten haben sich zwar schon auf Schuldenerleichterungen geeinigt, nur bei dem Punkt, wie diese mittelfristig auszusehen haben, sind sie uneins. Deutschland fordert, den 2018 vereinbarten griechischen Haushaltsüberschuss für weitere zehn Jahre festzuschreiben. Der IWF hält das für ökonomischen Unsinn und fordert stattdessen konkrete Sparmaßnahmen, die Griechenland a priori beschließen soll - für den Fall, dass die Wirtschaft nicht so gut wächst wie prognostiziert. Dagegen sträubt sich natürlich die griechische Regierung.

Schon aus geostrategischen Gründen darf die EU Athen nicht fallenlassen

Wie auch immer die Verhandlungen ausgehen, beide Seiten werden nachgeben müssen. Am Ende steht nur eine bittere Gewissheit: Griechenland bleibt ein fremdbestimmter Staat. Ein Transferleistungsempfänger, der auf Druck anderer Länder Reformen durchziehen muss - gegen den Willen vieler Bürger. Es hilft aber nichts, denn die Vereinbarungen mit den Euro-Partnern laufen bereits jetzt bis in die 2060er-Jahre. So lange Griechenland in der Euro-Zone bleibt, werden es die anderen Länder weiter finanziell unterstützen müssen.

Allein schon aus geostrategischen Gründen darf die EU Athen nicht fallenlassen. Die Gemeinschaft braucht einen verlässlichen Partner zur Sicherung ihrer Außengrenze; nicht zuletzt, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen. Auch wenn es dabei immer noch Probleme gibt, hat sich Griechenland bislang stets im Sinne einer europäischen Verantwortungsgemeinschaft verhalten. Ein Grexit, also ein Austritt aus der Währungsunion, würde der ohnehin zerrissenen EU eine weitere fundamentale Krise bringen, die nicht nur den Euro zerstören kann, sondern die ganze Europäische Union.

Die Finanzminister täten also gut daran, wenn sie ihr klar formuliertes Versprechen endlich in die Tat umsetzen und den IWF an Bord holen. Am besten noch vor den Wahlen in den Niederlanden.

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