Kommentar:Ein Freispruch zweiter Klasse

Der Freispruch für alle Angeklagten im Mannesmann-Prozess sollte für die Betroffenen eigentlich ein Grund zur Freude sein. Aber die wirkt bei den Angeklagten gespielt, auch wenn sie das Gegenteil behaupten. Was wohl an der Urteilsbegründung liegen mag.

Von Karl-Heinz Büschemann

Der spektakuläre Prozess in Düsseldorf endete, wie zu erwarten mit dem Freispruch der Angeklagten. Die Richterin hatte das schon vor Monaten angekündigt. Trotzdem war das Straf-Verfahren gegen Größen der deutschen Wirtschaft wie den Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser, den Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der damals im Aufsichtsrat des Konzerns saß, sowie den damaligen IG Metallchef Klaus Zwickel, nicht umsonst.

Die angeklagten Spitzenkräfte der Wirtschaft mögen sich über ihre Freisprüche freuen und mancher Bürger wird sich fragen, warum ein Mammut-Prozess nötig war, wenn man Manager, die sich zum Teil massiv bereichert haben, doch nicht belangen kann.

Deutlichkeit

Trotzdem hatte der Prozess einen Sinn: Die Richterin hat ein moralisches Urteil über das Verhalten der Angeklagten gesprochen, das an Deutlichkeit wenig vermissen lässt. Der Prozess wird das Verhalten in den Chefetagen deutscher Konzerne verändern.

Als die Staatsanwälte die Klage gegen Ackermann und Co erhoben, weil sich einige der Mannesmann-Führungskräfte beim Verkauf von von Mannesmann an Vodafone Anfang des Jahres 2000 mit Abfindungen und Sonderzahlungen in Höhe von fast 60 Millionen Euro bereichert haben sollen, behaupteten die Angeklagten noch, solche Zahlungen seien international nicht ungewöhnlich.

Wer sich darüber aufrege entlarve sich als Provinzler, der die Wirtschaft nicht vertehe. Das arrogante Victory-Zeichen, mit dem sich Josef Ackermann am ersten Prozesstag fotografieren ließ und seine törichte Äußerung, Deutschland sei das einzige Land, dass tüchtige Manager vor Gericht bringe, waren ein Ausdruck dieser Ignoranz.

Die Richterin hat deutlich gemacht, dass sie die Angeklagten am liebsten ins Gefängnis gebracht hätte, das Strafrecht dafür aber nicht ausreiche. Sie hat aber deutlich angeprangert, dass die Prämien für den Mannesmann-Chef und seine Kollegen nicht im Interesse von Mannesmann waren und nur unter Bruch des Aktiengesetzes zustandgekommen seien. So hemdsärmelig durften die Vorstände und Aufsichtsräte demnach nicht vorgehen.

Wenn das kein Zündstoff ist: Dem Chef der Deutschen Bank, des wichtigsten deutschen Kreditinstituts, wird vom Gericht der Bruch des Aktiengesetzes vorgehalten!

Lockere Bräuche

Damit ist wahrscheinlich, dass sich Manager in Zukunft klarer an die Gesetze halten werden und lockere Bräuche der Vergangenheit, als man hinter den dicken Türen der Chefetagen gerne Fünfe gerade sein ließ, größerer Vorsicht weichen werden.

Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ist geweckt. Die Aktionäre und der Standort Deutschland sind die Gewinner dieses Verfahrens.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: