Kommentar :Die Macht des Geldes

Kommentar : Marc Beise schätzt Politiker, jedenfalls einige. Aber beim Geld hört die Freundschaft rasch auf. Illustration: Bernd Schifferdecker

Marc Beise schätzt Politiker, jedenfalls einige. Aber beim Geld hört die Freundschaft rasch auf. Illustration: Bernd Schifferdecker

Ungeachtet aller Sprüche in philosophischen Zirkeln, die den Wert des Geldes herunterspielen, ist sein Einfluss beträchtlich - wie die Währungsunion zeigt.

Von Marc Beise

Gelegentlich, wenn man in besonderer Stimmung und sehr grundsätzlich, nachgerade philosophisch über den Sinn des Lebens nachdenkt, dann kann man sich schon sehr wundern über die Bedeutung, die das Geld in unserem Leben einnimmt. Ungeachtet aller Sprüche wie "Ist ja nur Geld" oder "Hauptsache glücklich" sind Scheine, Münzen und digitales Geld zur Organisation der Wirtschaft zentral wichtig. Welchen Einfluss Geld hat, haben die Deutschen vor 25 Jahren so eindrücklich erlebt, dass der Blick zurück lohnt.

Im Herbst jährt sich die deutsche Wiedervereinigung, aber die eigentliche Weichenstellung erfolgte bereits am 18. Mai 1990 vereinbarten die Bundesrepublik Deutschland und die DDR eine Wirtschafts- und Währungsunion. Die Planwirtschaft wurde durch die soziale Marktwirtschaft ersetzt. Vor allem aber löste die D-Mark die Mark der DDR ab. Eine Entscheidung wie Tag oder Nacht, ein Lehrstück der Geschichte. Und ein Beispiel dafür, wie Wirtschaft und Politik zusammenspielen.

Inmitten der Euro-Wirrnisse steht Deutschland gut da - noch

Die Währungen wurden ja großenteils (bei Löhnen, Renten, Mieten, kleineren Forderungen und Verbindlichkeiten) im Verhältnis 1:1 getauscht, obwohl das nicht ihrem Wert zueinander entsprach. Ökonomisch war das glasklar falsch, ebenso wie die sturzbachartige Einführung der D-Mark im Osten, Wirtschaftsexperten warnten vehement - aber politisch war die Sogwirkung der Westwährung einfach zu mächtig. "Kommt die D-Mark nicht zu uns, geh'n wir zu ihr", das war ja bitter ernst gemeint von Millionen Menschen, die nun dem Schein des schönen neuen Geldes erlagen, sich lange gehegte Konsumwünsche erfüllen konnten - und das am Ende vielfach mit leeren Konten und dem Verlust des Arbeitsplatzes bezahlten. Das Ganze war eine gnadenlose Schocktherapie, denn mit dem Geld kam die freie Preisbildung, die sofort ostdeutsche Produkte und deren Hersteller, die eben nicht wettbewerbsfähig waren, aus dem Markt drängte und den maroden Zustand der DDR-Volkswirtschaft schonungslos offenlegte. Die Turbo-Umstellung wirkt bis heute nach, denn der Wert der Währung entspricht immer noch nicht wirklich der wirtschaftlichen Verfassung weiter Teile der früheren DDR. Es begann eine gewaltige Subventionierung, die sich mittlerweile auf geschätzt zwei Billionen Euro netto summiert. Eine Last - von der heute nur deshalb keine Rede mehr ist, weil der deutsch-deutschen Währungsunion alsbald eine europäische Währungsunion (und eine Bankenkrise) gefolgt ist, weil sozusagen dem ersten ökonomischen Fehler ein zweiter und dritter folgten.

Die Euro-Währungsunion hatte ganz ähnliche Begleitumstände: Auch hier warnten die Ökonomen zu Recht vor einer zu schnellen, zu umfassenden Angleichung, auch hier gaben politische Gründe den Ausschlag, und auch hier folgte der Euphorie die Ernüchterung. Nur ist es diesmal so, dass die Last hierzulande noch kaum zu spüren ist. Deutschland steht inmitten der europäischen Wirrnisse aus vielen Gründen so gut da - weil es seine Industrie gepflegt hat, weil die Firmen sich schlank organisiert und klug investiert haben, weil die Arbeitnehmer maßgehalten und der Staat das Arbeitsmarkt- und Sozialsystem reformiert hat. Diese Reformdividende macht Deutschland stark, und Ausdruck dieser Stärke ist die D-Mark.

25 Jahre nach der ersten Währungsunion kann man also eine positive Bilanz ziehen, aber es ist eine vorläufige Bilanz. Denn die Lasten der Wiedervereinigung sind noch da, die Lasten durch den Euro noch nicht abgerechnet, und neue Herausforderungen wie die Alterung der Gesellschaft noch gar nicht richtig erkannt.

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