Kommentar:Das Vertrauen ist weg

Es sieht finster aus bei den deutschen Stromkonzernen: Eon hat gerade einen Rekordverlust präsentiert, an diesem Donnerstag wird RWE von einer schwierigen Lage berichten. Die Konzernchefs selbst legen ihre Ratlosigkeit offen. Man sollte sie ablösen.

Von Karl-Heinz Büschemann

Es sieht finster aus bei den Stromkonzernen. Der Düsseldorfer Branchenvertreter Eon hat gerade einen Rekordverlust präsentiert. An diesem Donnerstag wird der Essener Konkurrent RWE folgen und ebenfalls von einer schwierigen Lage berichten. Die beiden früheren Schwergewichte der deutschen Energiewirtschaft sind seit vier Jahren auf Hiobsbotschaft abonniert, und es ist kaum zu sehen, wie die Repräsentanten der Deutschland AG wieder auf einen vernünftigen Weg kommen wollen. Die Chancen stehen nicht gut.

Es gäbe eine Möglichkeit, die ganz große Katastrophe abzuwenden und sogar einen Weg nach vorn zu finden. In beiden Unternehmen müsste eine neue Führung eingesetzt werden. Die bisherigen Chefs, Johannes Teyssen bei Eon und Peter Terium bei RWE, werden es nicht mehr schaffen, den Konzernen aus dem Morast zu helfen, in den sie teils aus Unfähigkeit, teils wegen der deutschen Energiepolitik hineingeraten sind. In beiden Unternehmen haben die Aufsichtsräte krass versagt und es versäumt, mit neuen Köpfen an der Spitze für einen Neuanfang zu sorgen.

Es ist nicht leicht, für Konzerne eine neue Strategie zu finden, deren Geschäftsmodell durch die Energiewende zusammengebrochen ist. Die Anpassung von Konzernen, die es gewohnt waren, den Strom in großen Atom- oder Kohlekraftwerken zu erzeugen und ihn bequem an die Kunden zu verteilen, ist schwer. Heute sind die Großkraftwerke ein Auslaufmodell. Heute liefern Myriaden von Kleinanbietern Strom aus Sonne, Wind oder Wasser in die Stromnetze und sorgen für gigantische Verluste bei den alten Riesen.

Die Manager der Stromdinos sind mit dieser Entwicklung überfordert. Was aber schlimmer ist: Niemand traut ihnen noch zu, eine Wende zu erreichen. Die Aktionäre wenden sich in Scharen von den Konzernen ab, deren Aktien einst als Witwen- und Waisenpapiere belächelt wurden, weil sie stets ordentliche Kurse hatten und verlässliche Dividenden lieferten. Es gab kein Risiko.

Das ist jetzt anders, wie die desaströse Entwicklung der Aktien von Eon wie von RWE zeigt. Seit die Bundesregierung den Ausstieg aus der Atomenergie anordnete, sind die Aktienkurse von RWE wie Eon zusammengeschnurrt. Die Aktionäre haben Milliarden verloren. Solche Abstürze sind normalerweise Indikatoren für eine drohende Pleite.

Die Konzernchefs selbst legen ihre Ratlosigkeit offen. Man sollte sie ablösen

Der schlechte Eindruck wird verstärkt, weil RWE-Chef Terium seine eigene Ratlosigkeit sogar bloßlegt und öffentlich verkündet, dass er bisher keinen Ausweg weiß. Johannes Teyssen von Eon macht es kaum besser: Der beschloss vor einem Jahr die Ausgliederung der Atomkraftwerke aus dem Konzern als einzig richtige Strategie. Dann kam Widerstand aus Berlin und er musste zurückrudern. Heute sagt Teyssen, das Verbleiben der Atommeiler im Konzern sei richtig. Ja was denn jetzt? Wer soll diesen Zickzackkurs verstehen und Managern sein Geld anvertrauen, die so viel Hilflosigkeit ausstrahlen?

Die Sache wird erschwert, weil die Strommanager kaum noch Vertrauen bei den Berliner Politikern haben. Es ist ja richtig, dass die abrupte Abkehr der Kanzlerin von der Atomenergie im März 2011 übereilt und für die Manager so nicht planbar war. Diese Politik bietet Anlass zu Kritik. Aber jetzt müssen beide Seiten einen gemeinsamen Weg finden. Das geht nicht im misstrauischen Gegeneinander. Fahrlässig hat Eon mit dem durchschaubaren Versuch, die Lasten der Abwicklung der Atomkraftwerke auf den Staat abzuwälzen, den Konflikt zwischen Bundesregierung und Energiewirtschaft angeheizt, statt ihn zu befrieden. Nur neues Personal kann diese Kluft überbrücken.

Das hätten die Aufsichtsräte sehen müssen. Doch die versuchen, die schwerste Krise in der Geschichte beider Konzerne mit Managern zu lösen, die mehr für die Fehler der Vergangenheit stehen als für die Strategie von morgen. Der Aufsichtsrat von Eon hat viel zu lange der Verschwendung von Milliarden für Investitionen im Ausland zugesehen, die jetzt für den Konzernumbau fehlen. Bei RWE ist das Kontrollgremium zerstritten und kaum fähig zu einem Kurswechsel.

RWE wie Eon sind keine guten Adressen mehr. Wer möchte bei ihnen arbeiten? Wer vertraut ihnen sein Geld an? Ob neue Manager die Wende schaffen, ist nicht wirklich sicher. Aber es gar nicht erst mit unbelasteten Kräften zu versuchen, wäre ganz sicher ein Fehler.

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